Zoff in Berlin: das gestresste Bündnis

Schwarz-Gelb in der Zerreißprobe: Während die Probleme dramatischer werden, nimmt der Druck zu: Die Menschen sind enttäuscht, die eigenen Leute murren. Merkels härteste Stressfaktoren:
Euro-Stress: Am Freitag schaffte es die Koalition zwar, ihr Euro-Rettungspaket im Eilverfahren durchs Parlament zu peitschen. Deutschland beteiligt sich damit mit 148 Milliarden Euro am europaweiten Rettungsschirm (750 Milliarden). Doch der Preis ist hoch: Die Opposition sieht wegen des Turboverfahrens ihre parlamentarischen Rechte ausgehebelt. Auch zehn der eigenen Leute verweigerten sich.
Umfrage-Stress: Gleichzeitig kommt es für Union und FDP immer dicker. Im ZDF-Politbarometer stürzt das Führungsduo Merkel/Westerwelle in der Beliebtheit ab. Dem Dritten im Bunde, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, geht es kaum besser: Wie Westerwelle büßt er 0,2 Punkte ein. In seiner Staatskanzlei heißt es dazu nur: „Ja, mei!“ Besonders heftig trifft es die FDP: In den Sympathiewerten rutscht sie auf drei Prozent. In der Wahlprognose hält sie sich knapp über der Fünf-Prozent-Hürde.
Länderstress: Zudem bekommt Bundeskanzlerin Angela Merkel immer heftigeren Ärger mit ihren Parteifreunden in den Ländern. Seehofer und sein hessischer CDU-Kollege Roland Koch verhinderten bei einem Ländertreffen die vom Bund geplante Bafög-Erhöhung – ein klarer Affront gegen Merkel. Und Seehofer stichelte gegen Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble. Deren Krisenmanagement sei „Wahnsinn“.
Bündnisstress: Außerdem wird die Bündnisdebatte schärfer. Nach dem Gewürge in Nordrhein-Westfalen fordert FDP-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nun eine Öffnung der Partei (siehe Interview unten).
Und was tun bei zu viel Stress? Mal verreisen! Diese Konsequenz zog auch das Führungstrio. Merkel und Westerwelle rauschen unabhängig voneinander an Pfingsten in den Nahen Osten, zu politischen Gesprächen. Und Seehofer war am Freitag schon um 8.10 Uhr weg: Abflug mit den Bayern nach Madrid.
mue/bö