Zoff bei Seehofers Beratern

MÜNCHEN - Herbert Henzler, der Chef des Zukunftsrates, soll die heiklen Ideen selbst angeschärft haben – nun soll er seinen Platz räumen.
Erst sorgten sie mit ihrer umstrittenen Empfehlung, Passau solle sich nach Österreich orientieren und Oberfranken nach Sachsen, für Riesenwirbel. Jetzt zoffen sich die 22 prominenten Mitglieder des Zukunftsrates, dem Beratergremium der bayerischen Staatsregierung, selber. In der Runde, zu der Verleger Hubert Burda und BMW-Chef Norbert Reithofer gehören, gibt es Bestrebungen, den Vorsitzenden, Wirtschaftsprofessor und Ex-McKinsey-Chef Herbert Henzler, abzulösen. Dem Unternehmensberater wird vorgeworfen, das Gutachten eigenhändig „scharf gemacht“ zu haben. Eine Zukunft für den Zukunftsrat gebe es nur noch ohne Henzler, erfuhr die AZ aus dem Gremium.
In Arbeitsgruppen hatte sich der Rat mit der Zukunft Bayerns beschäftigt. Die abgestimmten Entwürfe der Arbeitskreise aber seien Henzler zu harmlos gewesen. Er habe gefordert, die Vorschläge viel schärfer zu formulieren und zuzuspitzen. Das habe er dann ohne Absprache selbst übernommen in der 100-seitigen- Empfehlung, heißt es aus Kreisen des Zukunftsrats. Nur BMW-Boss Norbert Reithofer soll Henzler ausgebremst haben. Das Ergebnis seines Arbeitskreises sei nicht in dem Henzler-Werk enthalten.
Die Empfehlung hatte für einen gewaltigen Aufruhr gesorgt und wurde als „haarsträubender Blödsinn“, „Schwachsinn“, „Pamphlet“ oder „Aprilscherz“ kritisiert. Verärgert sei vor allem Verleger Hubert Burda, heißt es. Der habe keine Lust, sich für etwas beschimpfen zu lassen, für das er nichts könne. Öffentlich distanziert hat sich bereits Ex-DGB-Chef Fritz Schösser, der ebenfalls dem Gremium angehört. Er habe nicht verhindern können, dass die Vorschläge der Staatsregierung unterbreitet würden, erklärte der Gewerkschafter. Er halte einzelne Schlussfolgerungen für falsch.
Henzler habe die Menschen in Bayern nicht mitgenommen, wird ihm inzwischen im eigenen Gremium vorgeworfen. Ministerpräsident Horst Seehofer aber will an Henzler festhalten. Schon sein Vorvorgänger Edmund Stoiber hatte ihn als Berater der Staatsregierung geholt. Henzler saß mit ihm im Aufsichtsrat des FC Bayern, ist ein Spezl von Franz Beckenbauer und hatte die Verpflichtung von Jürgen Klinsmann als Bayern-Trainer mit eingefädelt. „Die personelle Besetzung des Zukunftsrates ist für die Staatsregierung unbestritten“, erklärte am Freitag sein Sprecher.
In der CSU scheinen sich die Wogen wieder zu glätten. Beim politischen Aschermittwoch in Passau ist Seehofer trotz aller Aufregung willkommen. Niemals habe er gesagt, Seehofer brauche gar nicht antreten, wenn er sich nicht von dem Gutachten distanziere, erklärt der Passauer Abgeordnete Konrad Kobler, der sich nach eigenen Angaben „sehr emotional“ mit Seehofer auseinander gesetzt hatte. Der Aschermittwoch sei für Passau von wirtschaftlicher Bedeutung.
Angela Böhm