"Zehofu" Horst Seehofer: Seine Ironie in China
Der Ober-Bayer preist die Vorteile von zentralistischer Macht und staunt über die Sehenswürdigkeiten, besonders über die Zahl der Konkubinen der chinesischen Kaiser
PEKING Es klingt wie ein Spruch aus einem Glückskeks. „Je zentralistischer die Macht, desto höher die Harmonie“, versucht Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zu philosophieren. Er ist überwältigt vor der „Halle der Harmonie“ im ehemaligen Kaiserpalast in der Verbotenen Stadt mitten in Peking. Der Mann aus Ingolstadt, der bisher als Reisemuffel galt und lieber mit seiner Spielzeugeisenbahn auf große Fahrt ging, entdeckt die weite Welt. Offensichtlich findet „Zehofu“, wie sie ihn dort begrüßen, Gefallen daran – sogar an einer Diktatur wie China.
Der in Deutschland gepflegte Föderalismus sei hingegen eine Quelle der Zwietracht, resümiert er. Und sinniert: „Alles in einer Hand ist die höchste Form der Harmonie.“ Ist Seehofer in seinem Innersten ein kleiner Diktator? Natürlich hat er das alles wieder nur ironisch gemeint.
Aber lassen kann er die Scherze auch nicht: „Die ganze Macht in einer Hand, so läuft das hier – aber ich bin ja auch Ministerpräsident und CSU-Chef.“ Als die Touristenführerin erklärt, dass jedes Gebäude des Palastes einen Drachen beherbergt, sinniert Seehofer laut: „Die Frage ist nur, ob männlich oder weiblich.“ Der sonst selten Weitreisende staunt über die Sehenswürdigkeiten: „Das ist bombastisch. Das muss man gesehen haben, weil man es sonst nicht glaubt“, staunt er bei der Besichtigung der Verbotenen Stadt. Der Legende nach standen den chinesischen Himmelssöhnen 3000 Konkubinen zur nächtlichen Verfügung. „Das ist Lichtjahre von meiner Vorstellungskraft entfernt“, sagt Seehofer.
Überhaupt lässt sich Seehofer auf dieser Reise tief in die Seele blicken. Dass seinen Koffer Ehefrau Karin gepackt hat. „Weil ich dazu gar nicht in der Lage wäre“, gesteht er „Antenne Bayern“ in seinen täglichen Interviews. Er lernt verblüfft, dass viele Mitreisende in China shoppen wollen. „Ich kaufe mir aber nichts, weil ich keine Zeit habe“, verkündet er. Schließlich will er Türen öffnen für bayerische Firmen.
Dazu muss er Hürden überwinden: „Mit Stäbchen essen, das wird mir sicher nicht gelingen. Ich stell’ mich da tolpatschig an, deshalb werde ich schon mit Messer und Gabel essen.“ Auf das Dauerlächeln der Chinesen hat er sich eingestellt: „Mir haben Politiker, die öfter in China waren, gesagt: Man glaubt gar nicht, dass man 20 Stockwerke im Aufzug mit einem Chinesen fahren kann und der reduziert sich konsequent aufs Lächeln und nicht aufs Reden.“
Seehofer kann von den Chinesen auch lernen. „Ich bin mit einer außerordentlichen Liebenswürdigkeit, Freundlichkeit empfangen worden. Da kann ich mir eine Scheibe abschneiden.“ Die Staatskanzlei hat ihm den Spruch eingebläut: „Wer in die Zukunft schauen will, muss nach China fahren.“ Den wiederholt er bei jeder Gelegenheit.
Aber auch die Chinesen ermahnen ihren Gast knallhart in Sachen Zukunft: Außenminister Yang Jiech fordert Unterstützung gegen die uigurischen Separatisten. Deutschland dürfe keine Häftlinge aus Guantánamo aufnehmen. Seehofer lehnt das eh ab. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sieht das völlig anders. Er will den Uiguren eine neue Heimat in Bayern geben. Zum Gespräch mit dem chinesischen Außenminister nahm Seehofer den Oppositionsführer nicht mit. bö