Zehn fiese Fallen im Koalitionsvertrag
Was nicht drin steht : Betreuungsgeld bleibt, gleicher Lohn für Männer und Frauen kommt nicht
BERLIN „Prüfauftrag“, „Drittprüfung“, „Günstigerprüfung“ – 106 Mal findet sich der Wille, bestimmte Vorhaben zu „prüfen“ im Koalitionsvertrag. Interessant auch, was nicht mal „geprüft“ werden soll, was also nicht kommt:
Betreuungsgeld
Das Betreuungsgeld, von der SPD als „Herdprämie“ geschmäht, wird nicht angetastet: Punkt für die CSU, die das gegen Widerstände auch in der CDU durchgesetzt hat. Kosten für den Staat, je nach Schätzung zwischen 1,4 und 2,2 Milliarden jährlich – für Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Krippe geben.
Bürgerversicherung
Die Bürgerversicherung, und damit ein leichterer Weg von der privaten zurück zur gesetzlichen Krankenversicherung, kommt nicht. Die SPD steckte zurück.
Lohnschwund
Der Abbau der kalten Progression steht nicht auf der Tagesordnung: Weiter droht bestimmten Einkommensbeziehern also ein geringeres Netto-Einkommen bei Lohnsteigerungen: Weil das Finanzamt höhere Bezüge auch höher besteuert. Die Union hat auf ihre Idee einer Gesetzesänderung verzichtet.
Gleicher Lohn?
Frauen und Männer sollen gleich bezahlt werden? Irgendwann mal. Ein Gesetz zur Entgeltangleichung, mit der die SPD zuletzt Anfang des Jahres im Bundesrat gescheitert ist, findet sich nicht im Koalitionsvertrag.
Kindergeld
Die versprochene stärkere Erhöhung des Kindergelds und die Angleichung des Kinderfreibetrags auf Erwachsenen-Niveau ist aus Kostengründen vertagt.
Reichensteuer
Höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende. Das SPD-Wahlkampf-Hit ging sang und klanglos unter.
"Idiotenparagraph"
Frank-Walter Steinmeier nannte es „Blödsinn“, die CDU hält es für einen „Fehler“, und Fachleute sprechen von einem „Idioten-Paragraphen“: Die Rede ist vom grundgesetzlich festgeschriebenen „Kooperationsverbot“ zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik. Dadurch hat der Bund nichts mitzureden in der Schulen, aber es gibt aber auch kein Geld vom Bund. Trotz der jetzt vorhandenen Mehrheit will die große Koalition keine entsprechende Verfassungsänderung angehen.
Strom bleibt teuer
Ein besonderes Ärgernis der Energiewende: Mehr als 2000 besonders Energie-intensive Unternehmen bekommen erhebliche Rabatte bei der Umlage zur Förderung erneuerbarere Energien (EEG-Umlage). Sie zahlen teils nur 0,05 Cent pro Kilowattstunde, der Endverbraucher zahlt voll (6,3 Cent 2014). Das treibt den Strompreis in die Höhe. Die Reform der Ausnahmen will die große Koalition „überprüfen“.
Energie-Trick
„Geprüft“ wird auch eine tückische Idee für die Erzeuger erneuerbarer Energie. Sie sollen gezwungen werden, einen Grundlastanteil ihrer Produktion zu garantieren. Das heißt: Sie sollen auch liefern können, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst. Diesen Grundlastanteil müssten sie bei den konventionellen Stromriesen kaufen. Das heißt: Ökosubventionen kämen auf Umwegen den Konzernen zugute. mm