Zahltag: Bundesregierung soll Kundus-Opfer entschädigen
Dutzende Angehörige von Opfern des Luftangriffs auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan fordern von der Bundesregierung Entschädigungszahlungen. Das fordert ein Bremer Rechtsanwalt, der aus Afghanistan stammt.
Der aus Afghanistan stammende Bremer Rechtsanwalt Karim Popal sagte dem «Weser-Kurier» (Samstag), er habe mit drei Kollegen einen entsprechenden Brief an das Verteidigungsministerium geschickt.
Die Anwälte haben nach eigenen Angaben 78 Vollmachten von Hinterbliebenen des Luftschlags vom 4. September, bei dem laut NATO in der Nähe von Kundus bis zu 142 Menschen getötet wurden - darunter auch Zivilisten. Der Eingang des Briefes sei noch nicht bekannt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.
Strafrechtliche Folgen?
Vorermittlungen zu dem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Angriff hatte Anfang November die Bundesanwaltschaft übernommen. Sie muss sich nun mit den möglichen strafrechtlichen Folgen beschäftigen.
Anwalt Popal, der neben der deutschen auch die afghanische Staatsbürgerschaft besitzt, war vor kurzem selbst in Kundus, um die Sammelklage vorzubereiten. Dabei soll er nach dpa-Informationen Morddrohungen erhalten haben und Hilfe der Bundeswehr angefordert haben. Deutsche Soldaten holten ihn daraufhin aus dem Gästehaus, wo er einquartiert war, und brachten ihn ins deutsche Feldlager. Dort übernachtete er und flog am nächsten Tag zurück nach Deutschland. Popal forderte also Hilfe von denjenigen an, die nun verklagt werden sollen. Sicherheitskreise in Kundus bestätigten der dpa den Vorfall. Popal selbst wollte keine Details zu seinem Besuch in Kundus nennen.
Laut «Weserkurier» hofft der Rechtsanwalt auf eine außergerichtliche Einigung mit der Regierung in Berlin. Scheitert diese, wollen die Anwälte auf Schadenersatz wegen fehlerhaften und grob fahrlässigen Verhaltens der Bundeswehr klagen.
Klage wegen fahrlässigen Verhaltens
Die Bundeswehr hatte am 4. September von US-Kampfjets Luftunterstützung angefordert, da Taliban die Tanklastzüge in ihre Gewalt gebracht hatten. Man befürchtete, dass die Taliban mit den Tankwagen das nur wenige Kilometer entfernt gelegene deutsche Lager angreifen könnten.
In anderen Fällen mit zivilen Opfern hatte die Bundeswehr zum Teil Entschädigungszahlungen geleistet. Erstmals war 2008 nach dem Tod einer Mutter und ihrer beiden Kinder in Afghanistan Geld geflossen. Sie waren an einem Checkpoint in ihrem Wagen versehentlich für Angreifer gehalten worden. Damals war die Rede von 14 000 Euro. Verhindert werden sollte mit dem «Kompensationsgeld», dass es zu einer Blutrache durch die Familie kommt. (dpa)
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