Zahlenrätsel-Kabinett: Das Minister-Sudoku

Das neue Kabinett ist wie ein Zahlenrätsel. Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles: Von der Besetzung des Finanzministeriums hängen die wichtigsten Personalentscheidungen in Berlin ab.
von  Abendzeitung
Es gibt nur eine Lösung - und die ist höchst kompliziert
Es gibt nur eine Lösung - und die ist höchst kompliziert © az

Das neue Kabinett ist wie ein Zahlenrätsel. Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles: Von der Besetzung des Finanzministeriums hängen die wichtigsten Personalentscheidungen in Berlin ab.

Berlin gleicht derzeit einem großen Bazar, das Ministergeschacher ist in vollem Gang. Man kann das Hin- und Hergeschiebe von Posten und Personen mit einem extraschweren Sudoku vergleichen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle lösen müssen.

Wie bei dem japanischen Zahlenrätsel sind zunächst nur ganz wenige Ziffern fix: Merkel bleibt Kanzlerin, FDP-Chef Westerwelle wird Vize und Außenminister. Dass Seehofer nach Berlin zurückgeht, scheint unwahrscheinlich. Zumal sich die bayerische Staatskanzlei am Donnerstag genötigt sah, via „Bild“ transportierte Gerüchte über einen „Schwächeanfall“ und „verschlechterte“ Herzwerte des CSU-Chefs als „frei erfundenen Quatsch“ zu dementieren.

Wie sich das Kabinettstableau weiter füllt, hängt entscheidend davon ab, wer Finanzminister wird: Wie beim Sudoku engt jede Position, die besetzt wird, die weitere Auswahl ein. Offenbar will Bundeskanzlerin Angela Merkel das Schlüsselressort gerne einem Christdemokraten geben – gehandelt werden Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Kanzleramtschef Thomas de Maizière und – allen Dementis zum Trotz – Hessens Ministerpräsident Roland Koch, den Merkel aber als Rivalen sieht. Weil auch Schäubles Verhältnis zu Merkel unterkühlt ist, sind seine Chancen auf den Finanz-Job gering, der Badener bleibt wohl Innenminister, zumal seine FDP-Gegenspielerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für Justiz gesetzt ist. Ungleich mehr Vertrauen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihren Amtschef, einen geräuschlosen Manager der Macht. Sollte de Maizière Finanzminister werden, dürfte gulliver Kanzleramtschef werden – das Arbeitsressort, auf das der CDU-General spekuliert, könnte FDP-Mann Dirk Niebel bekommen.

Ein CDU-Finanzminister wiederum würde bedeuten, das CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sein Amt wohl an die Liberalen abtreten müsste. Gewehr bei Fuß steht FDP-Vize Rainer Brüderle, der ob seines Pfälzer Dialekts zwar in Berlin belächelt wird, bei den Koalitionsverhandlungen aber „inhaltlich bella figura macht“, wie ein Insider anerkennend raunt. Dem FDP-Kandidaten für das Finanzressort hingegen, Hermann Otto Solms, werden mittlerweile weniger Chancen eingeräumt.

Der 68-Jährige gilt zwar als Erfinder des FDP-Mantras nach einem einfacheren Steuersystem, soll sich bei den Verhandlungen aber nicht mit Ruhm bekleckert haben: „Der stammelt herum, widerspricht sich dauernd“, heißt es über den Hessen, der im kommenden Jahr 70 Jahre alt wird.

Auffällig gelobt wird im schwarz-gelben Dunstkreis dagegen der erst 36-jährige niedersächsische WirtschaftsministerPhilipp Rösler, der in den Gesundheitsverhandlungen der designierten MinisterinUrsula von der Leyen Paroli bot. Merkel soll ihn schon zur Privataudienz empfangen haben, was in Berlin als Vorstellungsgespräch gewertet wird. Auch der Chef des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (44), gilt in der FDP als ministeriabel – etwa für Familie. Würde hingegen FDP-Vize Cornelia Pieper Bildungs- oder Familienministerin, wäre zugleich die Ost-Quote erfüllt.

Würde ein CDUler Finanz- und ein Liberaler Wirtschaftsminister, hätte die CSU zwar kein Schlüsselressort mehr, dürfte aber zum Trost drei statt zwei Minister stellen. Für Jungstar Guttenberg bliebe – wenn er nicht EU-Kommissar wird – das Verteidigungsressort übrig. Dem 37-Jährigen wäre das womöglich gar nicht unrecht – er ist von Haus aus Außen- und Sicherheitsexperte. In Steuer- und Haushaltsfragen aber, lästern sie in Berlin, habe „Gutti“ in der Koalitionsrunde nicht sehr verhandlungssicher gewirkt.

Markus Jox

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