Yücel-Verhaftung: Politiker erhöhen Druck auf die Türkei

Nach der Verhaftung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel erhöhen Politiker aus dem In- und Ausland den Druck auf die Türkei.
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Die gegen Yücel verhängte Untersuchungshaft hat bei Regierung, Parteien und Journalistenverbänden Unverständnis und Empörung ausgelöst.
Kay Nietfeld/dpa Die gegen Yücel verhängte Untersuchungshaft hat bei Regierung, Parteien und Journalistenverbänden Unverständnis und Empörung ausgelöst.

Nach der Verhaftung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel erhöhen Politiker aus dem In- und Ausland den Druck auf die Türkei.

Berlin/Brüssel - Politiker aus dem In- und Ausland erhöhen nach der Verhaftung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel den Druck auf die Türkei. Die EU-Kommission forderte Ankara zur Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien auf.

Besorgt äußerte sich auch Bundespräsident Joachim Gauck. "Was derzeit in der Türkei passiert, weckt erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will", sagte er. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, das Verhältnis beider Länder "steht gerade vor einer der größten Belastungsproben in der Gegenwart". Der Bundestag soll sich in der kommenden Woche mit dem Fall befassen.

Yücel, der einen deutschen und türkischen Pass hat, war am Montag in der Türkei nach rund zweiwöchigem Polizeigewahrsam in Untersuchungshaft genommen worden. Ihm wird Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung vorgeworfen.

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn sagte der "Welt", die Europäische Kommission sei sehr besorgt über die große Zahl an Verhaftungen von Journalisten in der Türkei und die selektive Anwendung der Anti-Terror-Gesetzgebung. "Der Fall von Deniz Yücel zeigt leider, wie berechtigt diese Sorgen sind." Die EU habe wiederholt betont, dass die Türkei als Kandidatenland die höchsten demokratischen und rechtsstaatlichen Standards einhalten müsse, insbesondere was die Meinungs- und Medienfreiheit betreffe.

Gauck sagte am Dienstagabend vor Korrespondenten ausländischer Medien im Schloss Bellevue: "Wir können in Deutschland nicht nachvollziehen, warum diese Attacke auf die Pressefreiheit notwendig ist. Uns fehlt das Verständnis." SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte in den Ruhr Nachrichten: "Deniz Yücel muss freigelassen werden - genauso wie all die anderen mit fadenscheinigen Begründungen festgenommenen Journalisten."

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Der Europarat in Straßburg befürchtet nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" ein Abdriften der Türkei in eine Autokratie. In einem der Zeitung vorliegenden Resümee schreibe die sogenannte Venedig-Kommission des Rats, es fehlten "alle nötigen "checks and balances", die ein autoritäres System verhindern". Das Land stehe vor einem "dramatischen Rückschritt der demokratischen Ordnung". Die Venedig-Kommission ist für Verfassungsreformen zuständig.

Derweil schloss der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar aus, dass inhaftierte Kollegen in der Türkei vor der Volksabstimmung über die Einführung eines Präsidialsystems freigelassen werden könnten. "Die Kollegen wissen, dass die türkische Regierung sie als Geiseln genommen hat", sagte Dündar der Welt. "Vor dem Referendum am 16. April gibt es meines Erachtens keine Chance auf Freilassung."

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner machte den Vorschlag, Vertretern der Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Einreise nach Deutschland zu verweigern. Deutschland und seine europäischen Partner sollten "das Verhältnis zur Türkei neu bewerten", sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte die Bundesregierung zu mehr Einsatz für die Freilassung von Yücel und anderen inhaftierten Journalisten auf. "Es geht um die Verteidigung der Pressefreiheit und die Werte Europas", sagte Özdemir der "Rheinischen Post".

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die Türkei schon vor dem im Juli 2016 verhängten Ausnahmezustand auf Platz 151 von 180 Staaten. Dutzende regierungskritische türkische Journalisten sitzen in Haft.

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