Wulffs kleine Entschuldigung: „Das tut mir leid“

Nach tagelangem Druck in der Kreditaffäre geht Christian Wulff doch noch in die Offensive – er lieferte eine kleine persönliche Entschuldigung und lässt seinen Sprecher ziehen  
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Nach tagelangem Druck in der Kreditaffäre geht Christian Wulff doch noch in die Offensive – er lieferte eine kleine persönliche Entschuldigung und lässt seinen Sprecher ziehen

 BERLIN Ein Bauernopfer, eine Flucht nach vorn: Zwei Tage vor Weihnachten ist Bundespräsident Christian Wulff gestern nach einer Woche Dauerkritik in die Offensive gegangen. Er hat seinen Sprecher entlassen und die – von vielen geforderte – persönliche Erklärung abgegeben, inklusive Entschuldigung. Gehen will er nicht. So hofft er, dass er mit diesem Auftritt nun in die Weihnachtsruhe gehen kann – und die Wogen sich glätten.

Es waren am Donnerstag dramatische Stunden im Schloss Bellevue. Zunächst wird am frühen Nachmittag überraschend verkündet, dass Wulffs langjähriger Sprecher Olaf Glaeseker entlassen wird. Die Umstände bleiben rätselhaft. Aus dem Amt hieß es, Glaeseker sei auf eigenen Wunsch gegangen, weil nun auch sein Privatleben ins Visier geraten sei. Zwar hatten in der Tat einige Medien Porträts über den Oldenburger gedruckt (siehe Kasten), von Privatleben war darin aber nicht die Rede. Ob es noch andere Recherchen gab, oder ob Glaeseker geht, um Druck von seinem Chef zu nehmen, ist bisher unklar. Außerdem wird, mit nur einer Stunde Vorlauf, die Erklärung des Staatsoberhauptes selbst angekündigt.

Um 15.30 Uhr tritt Wulff in den Großen Saal von Schloss Bellevue. „Ich habe das Bedürfnis, mich auch persönlich zu äußern“, sagt er und atmet tief durch. In den vergangenen Tagen war der Druck auf den schweigenden Präsidenten, der nur seine Anwälte kommunizieren lässt, immer lauter geworden. „Ich nehme die Vorwürfe sehr ernst“, erklärt Wulff und beteuert seinen Aufklärungswillen. „Ich habe über 250 Einzelfragen jedweder Art nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet.“

Dann kommt die Entschuldigung – allerdings nur für den Umgang mit den Details, nicht aber dafür, dass er den verbilligten Kredit überhaupt angenommen hat: „Ich hätte auch den Privatkredit dem niedersächsischen Landtag offenlegen sollen. Das war nicht gradlinig, und das tut mir leid.“ Mittlerweile habe er eingesehen: „Nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig.“ Ihm sei klar geworden, wie „irritierend die private Finanzierung meines Hauses für die Öffentlichkeit war“.

Doch Wulff gibt sich auch kämpferisch. „Ich sage aber auch deutlich: Ich habe zu keiner Zeit jemanden einen unberechtigten Vorteil gewährt.“ Private Freundschaften seien ihm wichtig, „sie haben meine Amtsführung nicht beeinträchtigt. Dazu stehe ich“. Das Staatsoberhaupt, etwas blasser als sonst, bekräftigt auch, dass er sein Amt „gewissenhaft“ weiterführen wolle. „Dafür bitte ich die Bürger um ihr Vertrauen.“

Den geschassten Sprecher Olaf Glaeseker streift er nur kurz. Er bedauere, ihn zu verlieren, weil er ihm viel verdanke, so Wulff. Gründe nennt er nicht. Die Nachfolge des Sprechers tritt nun kommissarisch seine Stellvertreterin Petra Diroll an. Fragen lässt Wulff nicht zu. Er wünscht ein „gesegnetes Weihnachtsfest“ und verlässt den Saal ähnlich rasch wie 18 Monate zuvor Horst Köhler.

Ausgestanden ist die Sache damit noch nicht ganz. Zwar kam nun das geforderte Zeichen der Zerknirschung, doch die juristische Aufarbeitung, ob Wulff durch die Annahme des geldwerten Vorteils gegen das Ministergesetz verstoßen hat, läuft in Hannover im Januar weiter.

Die Reaktionen waren verhalten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Die persönliche Erklärung war längst überfällig.“ SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte aber auch, der Rausschmiss des Sprechers sei kein Ersatz für die juristische Aufklärung. Grünen-Fraktionschef Renate Künast: „Er hat eingeräumt, was bekannt war. Es bleibt ein fades Gefühl.“ FDP-Chef Philipp Rösler: „Es ist gut, dass Wulff noch vor Weihnachten dem Bedürfnis nachgekommen ist, selbst für ein offenes Wort zu sorgen.“

Und Merkel? Die hat nicht das geringste Interesse, binnen weniger als zwei Jahren schon wieder einen neuen Bundespräsidenten zu suchen. Sie ließ gestern ausrichten: „Seine Worte sprechen für sich. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.“

 

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