Wolfgang Clement: Schmollend ins Abseits

Ex-Minister Wolfgang Clement tritt aus der SPD aus - weil die ihm eine Rüge erteilt hat. Für den neuen Parteichef Franz Müntefering ist es auch eine persönliche Niederlage.
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BERLIN - Ex-Minister Wolfgang Clement tritt aus der SPD aus - weil die ihm eine Rüge erteilt hat. Für den neuen Parteichef Franz Müntefering ist es auch eine persönliche Niederlage.

Nach der Rüge kam der große Knall: Nur einen Tag nach dem glimpflichen Ausgang seines Parteiausschlussverfahrens ist Wolfgang Clement gestern aus der SPD ausgetreten – nach 38 Jahren Mitgliedschaft. In einem Brief an Parteichef Franz Müntefering begründete der 68-Jährige seinen Schritt mit der öffentlichen Rüge durch die Schiedskommission, aber auch mit dem Kuschelkurs der SPD gegenüber der Linkspartei und mit der industriefeindlichen Wirtschaftspolitik seiner Partei.

In SPD-Kreisen herrscht Kopfschütteln über den seit jeher zum Cholerischen neigenden Ex-Bundeswirtschaftsminister – hinter vorgehaltener Hand fallen Sätze wie „So ein Depp!“ oder „Der hat ein Altmänner-Problem“. Mit seinem Schritt düpierte Clement vor allem SPD-Chef Franz Müntefering. Der hatte extra an der Sitzung der Bundesschiedskommission teilgenommen, um einen Rauswurf zu verhindern.

"Wenn die Altersweisheit auch ihn erreicht..."

Clement war parteischädigendes Verhalten vorgeworfen worden, weil er indirekt zur Nicht-Wahl Andrea Ypsilantis in Hessen aufgerufen hatte. Es sei schade, dass Clement nicht weiter in der SPD mitarbeiten wolle, sagte ein resignierter Münte: „Vielleicht irgendwann, wenn die Altersweisheit ihn auch erreicht, kommt er doch noch mal zu uns zurück.“

Enttäuscht zeigte sich auch Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier: „Wir haben versucht, ihm Brücken zu bauen.“ In der SPD gebe es aber weiterhin „Platz für Leute, die das offene Wort pflegen“. Fraktionschef Peter Struck knurrte: „Das wirft uns zurück. Aber das wirft uns nicht um.“

"Den monatelangen Zirkus hätte man sich sparen können"

Der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, sagte zur AZ: „Mein Großvater hat mir schon folgende Regel beigebracht: Man tritt in die SPD ein – und dann stirbt man. Zwischendrin darf man sich ärgern, austreten darf man nie.“ Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget diagnostizierte verletzte Eitelkeit: „Den monatelangen Zirkus hätte man sich sparen können. Clement hat mit der SPD gespielt.“

Umweltminister Sigmar Gabriel warf Clement „Selbstbezogenheit und Scheinradikalität“ vor: „Wer nur noch die eigenen Maßstäbe gelten lässt, verliert den Blick für das, was für die Partei und die Menschen im Lande wichtig ist."

"Reisende soll man nicht aufhalten"

Die Partei-Linke reagierte gelassen: „Reisende soll man nicht aufhalten“, sagte SPD-Vize Andrea Nahles. Ex-General Klaus-Uwe Benneter schimpfte, Clement habe klar gegen den „Grundsatz innerparteilicher Solidarität“ verstoßen: „Gerade in Wahlkampfzeiten muss man eben auch mal die Arschbacken zusammenkneifen, wenn man anderer Auffassung ist.“

Die Union reagierte mit Spott, Kritik und Krokodilstränen: „Mit dem Austritt Clements hat die seit Monaten laufende Säuberungswelle innerhalb der SPD ihr bisher prominentestes Opfer gefunden“, so CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. CDU-General Roland Pofalla: „Es sagt viel über Führung und Zustand der SPD aus, wenn jemand, der mit Kopf und Herz Sozialdemokrat ist, seiner Partei den Rücken kehrt.“ Fraktionschef Volker Kauder wertete Clements Schritt als Zeichen für den Linksrutsch der SPD. „Vernünftige bürgerliche Sozialdemokraten haben keine Heimat mehr in der SPD.“

Die NRW-FDP ermunterte Clement zum Eintritt: „Wir bieten Menschen eine politische Heimat, die wirtschaftspolitische Vernunft, soziale Sensibilität und eine moderne Industriepolitik verbinden.“

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