Wirtschaftskrise: Immer noch schlimmer

Der Gipfel der Krise: Die deutsche Wirtschaft soll heuer um sieben Prozent schrumpfen, sagt die Commerzbank voraus. Eine durchaus realistische Einschätzung, meint der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts im AZ-Interview.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Stahlarbeiter bei der Arbeit: Experten befürchten fürs nächste Jahr Massenarbeitslosigkeit.
dpa 2 Stahlarbeiter bei der Arbeit: Experten befürchten fürs nächste Jahr Massenarbeitslosigkeit.
"Wir haben alle die Wucht der Krise unterschätzt": Kai Carstensen (37), Konjunkturchef des Ifo-Instituts.
az 2 "Wir haben alle die Wucht der Krise unterschätzt": Kai Carstensen (37), Konjunkturchef des Ifo-Instituts.

MÜNCHEN - Der Gipfel der Krise: Die deutsche Wirtschaft soll heuer um sieben Prozent schrumpfen, sagt die Commerzbank voraus. Eine durchaus realistische Einschätzung, meint der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts im AZ-Interview.

Das sind Zahlen, wie es sie bisher nicht gab: Die weltweite Konjunkturkrise verschlechtert die Aussichten für die deutsche Wirtschaft fast täglich. Gestern gab die Commerzbank die bisher düsterste Prognose für Deutschland ab: Um bis zu sieben Prozent soll die Wirtschaftsleistung schrumpfen.

Auch das gewerkschaftsnahe IMK-Institut kappte seine Prognose deutlich – auf minus fünf Prozent. Ähnlich das RWI-Institut: Die Essener Forscher gehen von minus 4,3 Prozent aus. Beide Institute warnen vor Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. „Ende 2010 werden wir nicht weit weg von fünf Millionen Arbeitslosen sein“, so RWI-Konjunkturchef Roland Döhrn.

Jeden Tag schlimmere Prognosen – ist die Lage wirklich so dramatisch? Ja, meint Kai Carstensen, Konjunkturchef am Münchner Ifo-Institut.

AZ. Herr Carstensen, ist es überhaupt vorstellbar, dass die deutsche Wirtschaft um sieben Prozent schrumpft?

KAI CARSTENSEN: Derzeit ist alles vorstellbar. Bricht die Weltwirtschaft weiter in dem Tempo ein, sind auch minus sieben Prozent möglich.

Fällt Ihre nächste Prognose also ähnlich düster aus?

Nein. Wir arbeiten gerade daran – sind aber etwas optimistischer. Nur: Besser als minus vier Prozent wird es nicht werden. Das ist schon eine deutliche Korrektur gegenüber unserer letzten Prognose.

Die Vorhersagen werden immer drastischer – ist das Effekthascherei, um Aufmerksamkeit zu bekommen?

Das glaube ich nicht. Wir haben nur alle die Wucht der Krise unterschätzt. Die Produktion wird viel schneller und dramatischer gekürzt, als wir dachten. Die Auslandsaufträge sind auf das Niveau von vor zehn Jahren gefallen. Da lagen wir alle falsch. Eine Prognose von minus sieben Prozent ist auch eine Reaktion darauf. Motto: Das passiert uns nicht nochmal.

Aber verschlimmern negative Prognosen die Lage nicht noch mehr?

Natürlich können schlechte Prognosen auf die Stimmung drücken. Aber kein französischer Importeur deutscher Maschinen schränkt seine Aufträge alleine deshalb ein, weil die Vorhersagen pessimistisch sind. Alleine die Tatsache, dass die Prognosen allesamt der Entwicklung hinterherhinken, zeigt: Sie können kaum schuld sein an der Krise. So einflussreich sind die Prognostiker dann auch wieder nicht.

Interview: A. Jalsovec

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.