Windräder schuld am Wassermangel? "Keine Ansätze, diese Entwicklung zu stoppen"

Seit 20 Jahren rückläufige Grundwasserneubildung in Bayern gibt Experten Rätsel auf und alarmiert Politiker. Böser Verdacht gegen Windräder.
von  Ralf Müller
Moore wie hier in Murnau sind wichtig für die Wasserversorgung.
Moore wie hier in Murnau sind wichtig für die Wasserversorgung. © imago

München - Im vergangenen Jahr hat es in Bayern ausreichend geregnet, doch dem Grundwasser hat das nach übereinstimmender Meinung der Experten in einer Anhörung des Landtags am Donnerstag in München nicht viel geholfen. Allenfalls der seit 20 Jahren zu beobachtende Rückgang der Trinkwasserneubildung sei unterbrochen worden, so die Fachleute.

Freilich gibt es Maßnahmen zum Trinkwasserschutz, deren Notwendigkeit von keiner Seite in Frage gestellt wurden. Das betrifft vor allem die Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten. Der Gemeindetag wünscht sich jedoch ein Gesetz, mit der diese Verfahren spürbar beschleunigt werden.

Attacke auf Windräder: "Wir müssen die erneuerbaren Energien viel kritischer betrachten"

Der Meteorologe Matthias Hornsteiner machte die weiter zunehmende Versiegelung der Landschaft mitverantwortlich für die Grundwasserprobleme. Er sehe keine Ansätze, diese Entwicklung zu stoppen, zumal mit "Totschlagsargumenten" wie Schaffung von Arbeitsplätzen argumentiert werde. Damit stieß Hornsteiner unter anderem beim Landesbeauftragten des Bund Naturschutz (BN) Martin Geilhufe auf Unterstützung. Er forderte den "Rückbau von Infrastruktur" und von Entwässerungssystemen sowie verstärkten Schutz und Wiedervernässung von Mooren und Auen.

Hornsteiner ließ außerdem eine kleine Bombe platzen, die ansonsten unkommentiert blieb. Erneuerbare Energien, die als "Heilsbringer" gepriesen würden, seien dies womöglich gar nicht, sondern verursachten "neue Probleme". So sei eine Austrocknung der Böden auf der vom Wind abgewandten Seite von Windkraftanlagen festzustellen. Der statistische Zusammenhang bestehe jedenfalls, sagte Hornsteiner und rief zu mehr Grundlagenforschung auf: "Wir müssen die erneuerbaren Energien viel kritischer betrachten."

Nicht auf allgemeine Begeisterung der Experten stieß das Vorhaben, nach dem Vorbild von 13 anderen Bundesländern einen "Wassercent" für die Grundwasserentnahme auch in Bayern einzuführen. Im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern wurde dies vereinbart. Für die Naturschützer sagte Landesbeauftragter Geilhufe die volle Unterstützung dafür zu. Gegenwärtig sei der "falsche Zeitpunkt" für die Einführung des Wasser-Cents, hielt Gemeindetags-Direktorin Thimet dagegen.

Idee einer Wasserleitung vom Bodensee nach Nordbayern stößt auf Kritik

Großprojekte zur Sicherstellung von ausreichenden Trinkwassermengen wie etwa die von der bayerischen Staatsregierung verfolgte Idee einer Leitung vom Bodensee nach Nordbayern beurteilte TU-Professor Drewes skeptisch. Die über lange Zeiträume gesammelten Erfahrungswerte mit der Trinkwasserneubildung "verflüchtigen sich", so der Wissenschaftler. Daher müsse man heute auf die Entwicklungen "flexibler und adaptiver" reagieren.

Das Projekt, Bodenseewasser nach Bayern zu leiten, beanspruche 20 Jahre und sei keine kurz- und mittelfristige Lösung des Problems, stimmte der Hydrologie-Professor Kunstmann zu. Lösungen könnten außerdem nur "dezentral" entwickelt werden, betonte Markus Disse, Inhaber des Lehrstuhls für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der TU München. Auf reges Interesse insbesondere bei der Freien-Wähler-Abgeordneten Marina Jakob stieß der Vorschlag von Bastian Knorr, dem Geschäftsführer der Knorr GmbH, zumindest bei Neubaugebieten "Grauwassernetze" zum Transport von Nutzwasser mit geringerer Qualität zu planen, um das Grundwasser zu schonen.

Einziger Ausweg Wasser-Recycling: "Wir müssen unser Denken verändern"

"Wir brauchen nur eine einzige Maßnahme, aber die ist schwer", fasste Karl Auerswald, von der "TU München- School of Life Science", zusammen: "Wir müssen unser Denken verändern". Wenn man Ressourcen wie Wasser wiederverwende, würden Systeme stabilisiert, durch Wegleitung destabilisiert. Jede Form von Wasser-Recycling müsse deshalb angestrebt werden.

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