Wieder eins auf die Nase
MÜNCHEN/BERLIN - Die CSU versucht es erneut in der Bundespolitik: mit einer groß angelegten Steuerreform. Doch CDU und SPD lassen den kleinen Koalitionspartner kühl abblitzen – schon wieder.
Erst die Pendlerpauschale, jetzt das Steuerkonzept – zum zweiten Mal in kurzer Zeit holt sich die CSU beim Versuch, in der großen Koalition Flagge zu zeigen, eine Abfuhr. Von CDU und SPD gab es am Wochenende Ablehnung für den Reformvorschlag aus München. Von unerfüllbaren „Steuergeschenken“ sprach Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), für zu voreilig hielt den Vorstoß der CDU-Finanzsprecher Michael Meister. Priorität habe „der Verzicht auf neue Schulden“. Meister verlangte, wie vereinbart ein gemeinsames Unions-Steuerkonzept erst zur Bundestagswahl im Herbst 2009 vorzulegen.
So lange will die CSU allerdings nicht warten: Bereits im Jahr 2009 will sie die erste Stufe ihres Reformvorschlags umgesetzt sehen, weitere sollen 2010 und 2012 folgen. „Die Entlastung der Familie duldet keinen Aufschub“, sagte CSU-Chef Erwin Huber der AZ. Die CSU plant, Familien dadurch steuerlich besser zu stellen, dass es künftig für jedes Familienmitglied einen Freibetrag von 8000 Euro gibt. Dadurch müsste eine vierköpfige Familie erst ab einem Jahreseinkommen von 32000 Euro überhaupt Einkommensteuer zahlen. Bislang liegen die Freibeträge bei 7664 Euro für Erwachsene und 5808 Euro für Kinder. Zugleich will die CSU generell die Steuersätze senken.
Der Schuss geht eher nach hinten los
Von allen Seiten musste sich die CSU ein Wahlkampfmanöver vorwerfen lassen. „Je schlechter die Umfragewerte der CSU, desto höher werden die Steuersenkungsversprechen Hubers“, höhnte etwa der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Fritz Kuhn. Huber wies das zurück: „Das hat nichts mit der Landtagswahl zu tun.“
Die CSU-Spitze hatte angekündigt, durch bundespolitische Initiativen wieder mehr Präsenz in Berlin zu zeigen. Allerdings scheint der Schuss dabei eher nach hinten los zu gehen. Denn je häufiger solche Vorstöße an den Koalitionsmitgliedern scheitert, wie bei der Pendlerpauschale, umso mehr zieht die CSU aus dem Rest der Republik Spott auf sich. „Auf dem Weg zur Regionalpartei“ sieht etwa der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe die CSU.
Von Merkel "immer wieder verhauen"
Auch in der CSU selbst wird das Missvergnügen an der eigenen Lage immer spürbarer, es entlädt sich in Angriffen auf die Schwesterpartei. Bayerns JU-Chef Stefan Müller meinte, die Union verliere bürgerliche Wähler, weil „die CDU immer mehr zu einer Art SPD wird“. Ein CSU-Mann im Bundestag meinte zur AZ, man müsse sich gegen Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Wehr setzen: „Es ist unerträglich, wie wir von der immer wieder verhauen werden.“
Zugleich dämpften Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein in Interviews die Erwartungen auf das Landtagswahlergebnis. Das Resultat von 2003, als Edmund Stoiber über 60 Prozent schaffte, sei ein „singuläres Ereignis“, sagte Beckstein.
bö/mue