Wieczorek-Zeul empfängt Dalai Lama

Nach Absagen von allen Seiten hat nun doch ein Regierungsmitglied Zeit für den Besuch aus Tibet. Die Entwicklungsministerin erwartet den Dalai Lama auf seiner Deutschlandreise aber nicht im Ministerium.
Der Dalai Lama wird während seines Deutschlandbesuchs nun doch noch von einem Mitglied der Bundesregierung empfangen. Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul wird das religiöse Oberhaupt der Tibeter am Montag in Berlin treffen, wie Regierungssprecher Thomas Steg mitteilte.
Die Absicht der Ministerin, das religiöse Oberhaupt der Tibeter zu treffen, habe bereits seit Tagen bestanden, gab Steg an. Die Bundesregierung sei mit dieser Information aber «zurückhaltend» umgegangen, da letzte Details noch nicht geklärt gewesen seien. Die Opposition in Berlin hatte kritisiert, dass zunächst kein Berliner Regierungsmitglied den Friedensnobelpreisträger empfangen wollte.
Begegnung nicht im Ministerium
Der Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums sagte, die Begegnung werde aller Voraussicht nach nicht im Ministerium stattfinden. Das Treffen Wieczorek-Zeuls reihe sich in ihr Bemühen ein, auf allen Ebenen Dialoge zu führen. Sie habe den Dalai Lama bereits zuvor getroffen und führe immer wieder Gespräche mit Religionsführern. Schon vor Reiseantritt hatte der Besuch für politische Verwicklungen gesorgt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und auch Bundespräsident Horst Köhler lehnten ein Treffen mit dem Tibeter ab.
Bundeskanzlerin weilt in Südamerika
Die Bundeskanzlerin befindet sich während des neuen Besuchs auf einer Südamerikareise. Merkel hatte den Dalai Lama im vergangenen September im Kanzleramt empfangen und damit in China erhebliche Verstimmung ausgelöst. Mehrere Spitzentreffen chinesischer und deutscher Diplomaten wurden daraufhin von chinesischer Seite abgesagt. Renate Künast äußerte auch nach der Bekanntgabe der Begegnung mit der SPD-Ministerin Kritik: «Das Herumgeeiere der Bundesregierung im Vorfeld des Dalai-Lama-Besuchs ist beschämend», sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag.
Erster Besuch seit Ausbruch der Gewalt in Tibet
Die Visite des Dalai Lama ist der erste Besuch des Friedensnobelpreisträgers in Deutschland seit Beginn der anti-chinesischen Proteste in Tibet und der darauf folgenden Repressionsmaßnahmen durch Peking und befreundete Regierungen. Der Besuch beginnt mit einem Empfang durch den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers in Bochum. In Frankfurt am Main trifft der Dalai Lama denn den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.
Hessens Ministerpräsident Koch empfängt den Nobelpreisträger
Koch hatte sich am Mittwoch noch für einen Empfang des Tibeters durch ein Mitglied der Bundesregierung stark gemacht. Berlin nehme in der Frage der Menschenrechte eine klare Haltung ein, sagte Koch am Mittwoch im Radiosender WDR5. Daher habe er die Hoffnung, dass das geistliche Oberhaupt der Tibeter doch noch von einem Kabinettsmitglied empfangen werde - und behielt Recht. Der ehemalige SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt mahnte unterdessen in der «Zeit» Zurückhaltung in der Tibet-Frage an. «Jedenfalls sollten wir Deutschen uns an keinerlei Verschärfung der Situation beteiligen«, so Schmidt, der Herausgeber des Blattes ist. »Unserer Regierung ist Abstand und Respekt anzuraten - vor China und vor jeder Religion.«
Gespräche mit Lammert, Polenz, Roth und Däubler-Gmelin
Auf dem Terminkalender des 72-Jährigen stehen zudem unter anderem auch ein Treffen mit Bundestagspräsident Norbert Lammert. Auch der CDU-Politiker wird wie die SPD-Ministerin den Religionsführer nicht in seinem Amtssitz in Berlin, sondern in seinem Heimatort Bochum treffen. Auch mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, dem CDU-Angeordneten Ruprecht Polenz, Grünen-Chefin Claudia Roth und der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses, Herta Däubler-Gmelin (SPD) sind Treffen avisiert.
Solidaritätskundgebung in Berlin
Geplant sind zudem vier Vorträge in Bochum, Mönchengladbach, Nürnberg und Bamberg. Höhepunkt des Besuchs dürfte am kommenden Montag eine Ansprache des Friedensnobelpreisträgers auf einer «Großen Solidaritätskundgebung für Tibet» vor dem Brandenburger Tor sein. (dpa/AP)