Wie viele noch?
BERLIN - Deutschland muss entscheiden, ob es mehr Soldaten nach Afghanistan schickt – Obama will es, die Bürger eher nicht. Vorläufig wird der Einsatz nur in bisheriger Stärke verlängert.
Was macht Deutschland in Afghanistan? Wie viele Soldaten sollen noch geschickt werden? Dieses Thema spielte gestern an mehreren Fronten eine Rolle: Zum einen verlängerte der Bundestag den Einsatz um ein weiteres Jahr, allerdings unter wachsender Kritik. Zum anderen will US-Präsident Barack Obama von den Verbündeten, auch Deutschland, sogar noch mehr Kräfte. Vorläufig setzt Berlin auf eine Hinhaltetaktik. „Wir werden uns in diesen Tagen nicht entscheiden“, sagt Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel.
4500 Mann ist derzeit die Obergrenze des deutschen Kontingents. Dieses Mandat wollte der Bundestag gestern um ein weiteres Jahr verlängern, eine Zustimmung galt als sicher. Zwar wurde in der Union mit mehr Abweichlern als bisher gerechnet. Doch auch die SPD will trotz hitziger Debatten größtenteils bei ihrer Unterstützung des Einsatzes bleiben. „Wir dürfen unsere Haltung nicht von der Regierung abhängig machen, schon gar nicht von dieser“, so Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.
Mit dem Informations-Desaster sinkt die Zustimmung
Doch mit der von US-Präsident Obama gewünschten Aufstockung wird es schwierig. Da würde die SPD vermutlich Nein sagen. Auch in der Bevölkerung sinkt die Zustimmung zu dem Einsatz rapide – erst recht mit dem Informations-Desaster in Kundus. Wenn da nun in den nächsten Wochen immer mehr Details im Untersuchungsausschuss ausgebreitet werden, wird das die Zustimmung kaum erhöhen.
Doch genau dann muss die Entscheidung fallen, ob Berlin Obamas Plänen folgt. 2000 weitere deutsche Soldaten erwarte man, hieß es am Vortag in Washington nach seiner Rede. Merkel und Außenminister Guido Westerwelle erklärten prompt, dass Berlin sich vor dem Afghanistan-Gipfel am 28. Januar nicht entscheiden werden.
"Historische Verluste"
Braucht es auch nicht, versicherten US-Vertreter und versuchten, öffentlich möglichst wenig Druck aufzubauen. „Es bleibt den Deutschen selbst überlassen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden“, sagte der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Richard Holbrooke. Die Bundeswehr habe schon mehr als 30 Soldaten in Afghanistan verloren, „das ist historisch“. Im Pentagon hieß es, man spreche nur über Zahlen, die die Bundeswehr selbst nenne und mache keine Vorgaben. Wichtiger als Zahlenspiele seien politische Zusagen, sagte Holbrooke vor dem Nato-Außenministertreffen.
Dort zeichnete sich bisher wenig Begeisterung der Verbündeten für die US-Pläne ab. Einzig Italien hat die gewünschte Verstärkung bereits zugesagt, andere zögern so wie die Deutschen, Frankreich will nur Ausbilder und keine Soldaten schicken. Doch spätestens beim Afghanistan-Gipfel im Januar werden die USA den Druck anziehen.