Wie stark wird Horst Seehofer in Berlin?
Horst Seehofer muss wie kein anderer Unionspolitiker auf eine Bestätigung für Schwarz-Gelb hoffen. Nur dann kann er nach seinem Wahl-Triumph in Bayern auch Berlin aufmischen. In einer großen Koalition mit der SPD hätte der CSU-Chef viel weniger zu melden.
München – Eines ist sicher nach dem Triumph von Horst Seehofer bei der Bayern-Wahl: Neuen Ärger mit der CSU wird es in den kommenden Jahren in Berlin geben, egal wie die Bundestagswahl hoffen.
Klar ist: Sollte die FDP wieder in den Bundestag einziehen und sollte es für eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb reichen, dann wird Seehofer „gewaltig auftrumpfen können“, wie es ein CSU-Oberer fast zurückhaltend formuliert. Reicht es aber nicht und kommt es zu einer großen Koalition, dann wird die CSU der mit Abstand kleinste Regierungspartner sein. Seehofer hätte dann viel weniger zu melden.
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Dass er sich nach der Rückeroberung der Alleinherrschaft in Bayern auch für den Kampf der CSU in Berlin massiv gestärkt sieht, das hatte Seehofer schon am Montag in einer Parteivorstandssitzung zu erkennen gegeben. „Wir sind wieder wer“ – das habe Seehofer mehrfach deutlich gemacht. „Und er hat auch den Willen, das auszuspielen“, erzählt ein Teilnehmer. „Das wird dazu beitragen, dass es einigen Ärger gibt.“
In einer neuen schwarz-gelben Regierung mit einer gestärkten CSU und einer geschwächten FDP wird Seehofer also die Muskeln spielen lassen. „Da wird er einen Spaß dran haben“, sagt ein CSU-Vorstand. Beispielsweise wird Seehofer dann mit aller Macht für die umstrittene Pkw-Maut auf Autobahnen kämpfen, aber auch für viele andere CSU-Anliegen. „Und die Chancen, dass er mit reichlich Beute aus Berlin zurückkommt, sind dann groß“, sagt ein Abgeordneter.
Auch wenn Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Seehofer immer ihre sehr gute Zusammenarbeit hervorheben: Der Ton dürfte dann merklich rauer werden. Schließlich hat Seehofer bereits klar gemacht, das er es als seinen Wählerauftrag ansieht, die christsozialen Wahlforderungen mit umso größerem Nachdruck durchzuboxen. Um jeden Punkt werde gekämpft.
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Von vornherein klein beigeben wird Seehofer aber auch nicht, falls es für Schwarz-Gelb nicht reicht. „Er wird sich auch in einer großen Koalition nicht bremsen lassen“, sagt ein CSU-ler. Nur: In einem Bündnis, in dem die CSU nach CDU und SPD nur drittstärkster Partner ist, wird Seehofer gebremst werden, ob er will oder nicht. Ganz einfach deshalb, weil es dann auf die CSU nicht ankommt. „Im Fall einer großen Koalition fährt er schlichtweg an die Wand – dann wird er vielen seiner Worte kaum Taten folgen lassen können“, sagt einer aus dem CSU-Vorstand. Erpressungspotenzial hat Seehofer dann nicht. „Irgendwelche Drohungen gehen dann ins Leere.“
Die Pkw-Maut für Ausländer beispielsweise, die hätte sich in einer großen Koalition mit Sicherheit erledigt. „CDU und SPD würden ihn in Sachen Maut am langen Arm verhungern lassen“, sagt ein CSU-Vorstand. „Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, dann ist die Maut gestorben.“ Außerdem, so heißt es, habe die SPD noch viele Rechnungen mit Seehofer offen. Und derlei Auseinandersetzungen werde Bundeskanzlerin Angela Merkel wohl eher vergnügt zuschauen, meint ein Abgeordneter.
Eigentlich müsste Seehofer also fast die Zweitstimmenkampagne der FDP unterstützen – damit die FDP wieder in den Bundestag einzieht und Schwarz-Gelb eine Chance hat. Andererseits aber würde er damit seine eigene Partei schwächen, also auch seine Verhandlungsposition in Berlin. Deshalb ist er strikt dagegen. „Es gibt keine Leihstimmen“, hatte er bereits in der CSU-Vorstandssitzung am Montag bekräftigt.
Und weil es ihm so ernst ist, legt Seehofer kurz vor der Wahl noch einmal nach. „Ich rate uns allen, sich in den letzten Stunden vor der Bundestagswahl mit dem politischen Gegner auseinanderzusetzen und sich nicht gegenseitig die Stimmen streitig zu machen“, sagt der CSU-Vorsitzende der „Welt“ (Online). „Es gibt in Deutschland ein ausreichendes liberales Wählerpotenzial von deutlich über fünf Prozent.“ Seehofer betont: „Wir wollen keine große Koalition.“ Wobei er dabei mutmaßlich in erster Linie von sich selbst spricht.