Wie die Grünen auf die Wahlschlappe in Bayern reagieren: "Wir sind das Hauptfeindbild"

Nach der Niederlage bei der Landtagswahl folgt der nächste Rückschlag für die Grünen. Wie die Partei darauf reagiert.
von  Maximilian Neumair
Enttäuscht blicken Fraktionschefin Katharina Schulze (2.v.l.) , Spitzenkandidatin Andrea Wörle (M.) und weitere Grüne auf die Ergebnisse. Foto: Maximilian Neumair
Enttäuscht blicken Fraktionschefin Katharina Schulze (2.v.l.) , Spitzenkandidatin Andrea Wörle (M.) und weitere Grüne auf die Ergebnisse. Foto: Maximilian Neumair

München - Grünes Wachstum ist das Ziel der selbsternannten Klimaschutzpartei. Der seit Ende 2019 geplante "Green New Deal" auf europäischer Ebene soll endlich an Fahrt aufnehmen. Doch stattdessen steht die Europawahl im Zeichen des grünen Schrumpfens: Statt 20 Prozent wie 2019 holten die Grünen nur schlappe 12 Prozent (Stand 21 Uhr Sonntagabend).

Entgeistert starren die im Muffatwerk versammelten Grünen-Politiker, -Mitglieder und -Wähler auf die Leinwand, als die ersten Hochrechnungen eintrudeln. Entsetzte "Nein"-Rufe und Kopfschütteln folgen, als die Ergebnisse der AfD an die Wand projiziert werden. Die missmutigen Gesichter von Katharina Schulze (Fraktionsvorsitzende), Andrea Wörle (bayerische Spitzenkandidatin), Eva Lettenbauer und Gisela Sengl (die Landesvorsitzenden) sind in dem grell-grünen Licht des Amperes für jeden sichtbar. Dass die Partei dermaßen schlecht abschneidet, hat niemand der anwesenden Grünen-Mitglieder erwartet. In den Gesprächen mit der AZ gingen diese von Ergebnissen zwischen 13 und 15 Prozent aus.

"Wir sind das Hauptfeindbild bei anderen Parteien", sagt der bayerische Kandidat Retzer

Die Enttäuschung ist besonders bei der bayerischen Spitzenkandidatin Wörle spürbar. Sie wird bei Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen tröstend umarmt, ihr wird die Hand gereicht. Sie wird auf Listenplatz 16 nicht in das Europäische Parlament einziehen. "Wir haben im Wahlkampf alles gegeben", sagt sie der AZ. Für eine Erklärung für den Absturz ist es ihr zufolge aber noch zu früh.

"Das ist ganz klar ein schlechtes Ergebnis", sagt Landesvorsitzende Lettenbauer. Sie und der ebenfalls nicht ins EU-Parlament gewählte zweite bayerische Spitzenkandidat Maximilian Retzer (Listenplatz 22) gehen davon aus, dass die Stimmungsmache von Union und AfD gegen sie dem Ergebnis geschadet habe. "Wir sind das Hauptfeindbild bei anderen Parteien", sagt Retzer der AZ. "Die Menschen suchen Alternativen, aber haben die falsche Alternative gewählt." Die Zuwächse der Rechtspopulisten bereiten auch Wörle große Sorgen.

"Es ist mit äußerst viel Aggression gegen den Green Deal und Klimaschutz vorgegangen worden", sagt die Grünen-Landesvorsitzende

"Die Grünen stehen mehr als jede andere Partei für die Zukunft und die nötige Wirtschaftstransformation", sagt Retzer. Doch der Misserfolg der Partei setzt auch ein dickes Fragezeichen hinter die Zukunft des Green New Deal. "Er sichert Wohlstand. Die USA und China investieren Milliarden. Das müssen wir auch tun, damit Europa nicht abgehängt wird", sagt Retzer "Es ist mit äußerst viel Aggression gegen den Green Deal und Klimaschutz vorgegangen worden - von der AfD aber auch von der Union", sagt Lettenbauer der AZ. Auch Wörle ist überzeugt, dass "mehr Klimaschutz nötig ist für Wohlstand".

Die durch die bayerische Hochwasserkatastrophe spürbaren Konsequenzen des Klimawandels haben sich zumindest nicht in der Wahlkabine bemerkbar gemacht. Ein nicht zu unterschätzender Faktor sei hier aber auch die Briefwahl, sagt ein Mitarbeiter der Grünen zur AZ. Die Wahl habe sich schon vor Wochen entschieden.

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