Widerstand gegen Sparpaket: „Der Kampf hat begonnen“

Die Gewerkschaften mobilisieren gegen das Sparpaket. Ex-Bischöfin Margot Käßmann ruft Kirchen zum Widerstand auf. Auch aus der Union kommt heftige Kritik: „Sozial unausgewogen“
BERLIN Der Sommer wird heiß. Das versprechen zumindest die Gewerkschaften: „Der gesellschaftliche Kampf hat seit Montag begonnen“, sagt DGB-Chef Michael Sommer martialisch. Bereits am Samstag soll es die erste Großdemo gegen das 80-Milliarden-Euro-Sparpaket der Bundesregierung geben. In Stuttgart und Berlin sind erste Großkundgebungen geplant.
Auch Margot Käßmann mischt sich ein. Sie ruft die Kirchen in Deutschland zum Widerstand auf: „Die Kirche darf politisch sein und muss nun ihr Wächteramt wahrnehmen“, sagt die ehemalige EKD-Chefin. „Als ich von der Streichung erfahren habe, habe ich mich gefragt, ob Hartz-IV-Empfänger weniger Würde als andere Menschen haben.“
Der DGB will „den Protest in die Betriebe tragen“, sagt Sommer. „Wir halten das für das wirkungsvollere Mittel, als jetzt einmal auf die Straße zu gehen. Das wird der Regierung wirklich wehtun.“ IG-Metall-Chef Berthold Huber: „Die Löcher in den Haushalten sind entstanden, weil die Regierungen die gnadenlose Zockerei zugelassen haben. Nun werden die Krisenverursacher nicht an den Kosten beteiligt.“
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, die SPD werde die Einschnitte nicht hinnehmen. Grünen-Chef Cem Özdemir kündigte an, das Sparpaket im Bundesrat verhindern zu wollen.
Nicht nur Gewerkschaften und Opposition üben massive Kritik. Auch in der Union brodelt und rumort es: „Das Sparpaket ist sozial unausgewogen“, kritisiert Peter Weiß, Chef der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion. „Wenn man die höheren Einkommen einbezogen hätte, wäre das Gesamtpaket sozial runder geworden“, sagt NRW-Sozialminister und Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Karl-Josef Laumann.
„Da werden diejenigen getroffen, die keine Lobby haben und sich am wenigsten wehren können“, sagt der CDU-Sozialpolitiker Christian Bäumler. Dass Vermögende nicht stärker zur Kasse gebeten werden, „liegt an der FDP“, schimpft Bäumler.
Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sieht das Sparpaket noch lange nicht endgültig geschnürt: „Ich glaube, dass wir über den Spitzensteuersatz noch einmal reden müssen. Hier besteht Diskussionsbedarf.“ Und auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich schließt Korrekturen nicht aus.
FDP-Chef Guido Westerwelle verteidigte das Paket: „Das ist ein Programm, das die Wirtschaft genauso in die Verantwortung nimmt wie den Sozialstaat.“ Für „ausgewogen“ hält es auch CSU-Chef Horst Seehofer: „Das ist ein gutes Paket.“
Während in Berlin diskutiert wurde, gingen in Spanien die Menschen auf die Straße: Aus Protest gegen Gehaltskürzungen legten Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ihre Arbeit nieder.