Westerwelles Antrittsbesuche: „Unsere Freundschaft wächst“

Guido Westerwelle absolviert seinen schwersten Antrittsbesuch – in Israel. Noch etwas tastend übt er sich in der Kunst der vorsichtigen Diplomatie. Und versichert Jerusalem seine Unterstützung
von  Abendzeitung
Was hat der gesagt? Guido Westerwelle und sein iraelischer Amtskollege Avigdor Lieberman bei der gemeinsamen Pressekonferenz.
Was hat der gesagt? Guido Westerwelle und sein iraelischer Amtskollege Avigdor Lieberman bei der gemeinsamen Pressekonferenz. © dpa

JERUSALEM - Guido Westerwelle absolviert seinen schwersten Antrittsbesuch – in Israel. Noch etwas tastend übt er sich in der Kunst der vorsichtigen Diplomatie. Und versichert Jerusalem seine Unterstützung

Locker ist anders: Vor allem in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem ist dem neuen Außenminister Guido Westerwelle bei seinem Antrittsbesuch in Israel die Anspannung anzusehen. Bei den Polit-Terminen dann wirkt er routinierter; aber auch hier ist zu spüren, wie vorsichtig er auf dem dünnen Eis agiert. Kritik übt er nur sehr dosiert. Gegenüber Israel versichert er, was er auch ins Gästebuch von Jad Vaschem schreibt: „Wir werden nicht vergessen, unsere Verantwortung bleibt, unsere Freundschaft wächst.“

Er knetet seine Finger, er zupft am perfekt sitzenden Anzug, er ist ständig in Bewegung: Beobachtern beim Rundgang in der Gedenkstätte fällt auf, wie ungewohnt die Rolle noch für Guido Westerwelle ist. Vor allem, weil er weiß, dass er mit Vorbehalten empfangen wird – weil er sich 2002 erst sehr spät von der anti-israelischen Kampagne seines damaligen Vizes Jürgen Möllemann distanziert hat.

"Homosexuelle auch"

Zusammen mit Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch absolviert er nun als Vizekanzler den Rundgang. Bei der Stelle, wo daran erinnert wird, dass neben Juden auch Kommunisten, Zigeuner und Homosexuelle von den Nazis systematisch ermordet wurden, sagt er: „Homosexuelle auch.“ Zum Schluss nimmt er Knobloch in den Arm.

Danach folgen die Polit-Termine. Zum Beispiel mit seinem Amtskollegen Avigdor Lieberman, dem rechtskonservativen Populisten, der dem Friedensprozess skeptisch gegenübersteht. Westerwelle sagt beim gemeinsamen Auftritt, man habe „unterschiedliche Auffassungen nicht totgeschwiegen, aber wir haben vor allem Gemeinsamkeiten“.

"Schrittweiser politischer Selbstmord"

Kritik am israelischen Siedlungsbau in palästinensischen Gebieten übt er nur sparsam: „Fortschritte in dieser Frage sind aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein.“ Zeitgleich sagt in Deutschland der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz, Israel begehe mit diesen Plänen „schrittweise politischen Selbstmord“. Mit jedem Haus werde der Weg zum Frieden weiter verbaut.

Lieberman entgegnet Westerwelle brüsk, es handele sich da um ein internationales Missverständnis: „Der jüdische Siedlungsbau war noch nie ein Friedenshindernis.“ Er forderte Westerwelle zu einer stärkeren deutschen Einmischung als bisher auf, gerade auch in Sachen Iran. Da wird der deutsche Gast auch deutlicher: „Eine atomare Bewaffnung des Iran ist nicht akzeptabel. Die Sicherheit Israels ist für niemanden verhandelbar und für uns erst recht nicht.“ Zu Liebermans Forderung nach harten Sanktionen noch in diesem Jahr will der deutsche Außenminister keinen Termin nennen. Nur: „Unsere Geduld ist nicht unendlich.“

Der Weg des geringsten Risikos

Später trifft Westerwelle in Ramallah den palästinensischen Regierungschef Salam Fajad. Hier fordert er eine möglichst rasche Wiederaufnahme der direkten Friedensgespräche. Beide Seiten müssten Zugeständnisse machen. Anschließend traf Westerwelle dann wieder in Jerusalem mit Staatspräsident Schimon Peres zusammen. Dieser lobte vor allem die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Sie hat unser aller Bewunderung."

In seinem Balance-Akt auf dem Nahost-Parkett entscheidet sich der Außenminister auf seinem schwierigsten Antrittsbesuch für den Weg des geringsten Risikos, begegnet allen Seiten mit Freundlichkeit und Respekt, ohne Festlegungen oder Faux-Pas. Die geforderte stärkere Vermittlerrolle lehnt er vorerst ab. Knobloch lobte seine Reise als "überaus positiv".

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