Westerwelle: „Wir rennen keinem Rockschoß hinterher“
BERLIN - Die Liberalen treffen sich in Hannover zum Bundesparteitag. Vor dem Konvent reitet Westerwelle scharfe Attacken auf Duzfreundin Merkel. Er ist stinksauer, dass die CDU-Chefin sich nicht klar genug für Schwarz-Gelb ausspricht.
Guido Westerwelle gibt die beleidigte Leberwurst: Weil sich CDU-Chefin Bundeskanzlerin Angela Merkel bislang nicht eindeutig zu einer schwarz-gelben Koalition nach der Bundestagswahl bekennt, hat der FDP-Vorsitzende seine Duz-Freundin jetzt scharf attackiert: „Liberal sind wir schon, aber blöd sind wir nicht. Wir kämpfen für eine starke FDP und rennen keinem Rockschoß hinterher“, pampte Westerwelle. Die FDP erwarte „ein klares Signal“: „Von der Union wissen wir bisher nur, dass sie regieren will – nicht wozu und nicht mit wem.“
Eigentlich wollte der Ober-Liberale auf dem dreitägigen FDP-Bundesparteitag, der heute in Hannover beginnt, gewohnt lautstark für eine „bürgerliche Regierung der Mitte“ trommeln. Doch die zuletzt satt zweistelligen Umfragewerte der FDP bröckeln, Schwarz-Gelb hat keine eindeutige Mehrheit – und Bundeskanzlerin Angela Merkel ziert sich, einen Lagerwahlkampf zu führen. Schlimmer noch: Führende CDU-Politiker wie Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich flirten unverholen mit den Grünen, andere spekulieren offen auf die Fortsetzung der großen Koalition.
Also formuliert Westerwelle mittlerweile ungleich vorsichtiger, was die Ablehnung einer Ampel-Koalition anbelangt: Lediglich „aufgrund der Wahlprogramme“ sieht der FDP-Chef derzeit „keine Basis für eine Zusammenarbeit mit SPD oder Grünen" Und fügt hinzu: „Ich schließe auch nicht aus, dass hier die Decke einstürzt und wir alle ein tödliches Ende nehmen. Aber ich strebe es nicht an.“ SPD-Chef Franz Müntefering kommentierte Westerwelles verbale Verrenkungen genüsslich: „Er hat eine Priorität, die lautet Schwarz-Gelb. Aber er hat die Tür nicht wirklich zugemacht, sondern nur nur angelehnt.“
Schnarrenberger: "Ausschließeritis fördert nur Politikverdrossenheit"
Deutlicher als ihr Bundesvorsitzender wird Bayerns FDP-Chefin: „Ausschließeritis schafft politische Blockaden und befördert Politikverdrossenheit. Und die wollen wir nicht“, wendet sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gegen voreilige Festlegungen in der Koalitionsfrage. Auch der Chef der Jungen Liberalen, Johannes Vogel, fordert Westerwelle auf, locker zu bleiben: „Wir sollten keine Koalitionen ausschließen. Wer nach der Wahl liberale Inhalte mit uns umsetzen will, der darf das gerne.“
Die über 600 Delegierten auf dem Parteitag in Hannover wählen die Führungsspitze neu und verabschieden ihr Bundestagswahlprogramm. Der Rheinländer Westerwelle, der die FDP seit acht Jahren führt, muss dabei ebenso wenig einen Gegenkandidaten fürchten wie seine Stellvertreter. Zentrale Botschaft der Liberalen im Wahlkampf soll einmal mehr sein, dass die Mitte durch ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem mit drei Stufen entlastet werden müsse. Darüber hinaus fordert das FDP-Programm, den Kündigungsschutz weiter einzuschränken und Mindestlöhnen eine Absage zu erteilen.
jox