Westerwelle, Koch-Mehrin: Die FDP zerfleischt sich selbst
BERLIN/ROSTOCK Eine Partei, drei Buchstaben, zwei Probleme: Kurz vor ihrem Krönungsparteitag für den neuen Vorsitzenden Philipp Rösler zerlegt sich die FDP ein weiteres Mal selbst. Im Fokus der Liberalen: Die Sondergarantien für ihren scheidenden Chef Guido Westerwelle. Und der unrühmliche Niedergang ihres einstigen Hoffnungsträgers Silvana Koch-Mehrin.
Diesmal war es der gerade erst frisch gewählte FDP-Fraktionsvize Martin Lindner, der in der Partei für einen Sturm sorgte. Lindner attackierte ein wichtiges Element des von Rösler mühsam ausbalancierten Gleichgewichts in der Führung: die neue Rolle von Westerwelle. Der langjährige Chef hatte sich seinen Amtsverzicht in der Partei mit einer Garantieerklärung verbinden lassen, dass er bis zum Ende der Legislaturperiode Außenminister bleiben darf.
Lindner (nicht verwandt mit Generalsekretär Christian Lindner) bringt dies auf die Palme: „Das gesamte neue FDP-Führungspersonal muss sich Abstimmungen stellen, und ich finde, auch Guido Westerwelle sollte dies tun”, stänkerte er – und drohte der Parteitagsriege: „An der Basis rumort es.” Es könne durchaus sein, dass es auf dem Parteitag „unkalkulierbare Initiativen”, sprich Dringlichkeitsanträge gegen Westerwelle, gibt.
Der Wachwechsel im Kabinett
Das wäre nun das letzte, was Rösler zum Amtswechsel brauchen könnte – zumal da er den Rest seines Personalpakets halbwegs unfallfrei über die Bühne gebracht hat: Gestern war Vollzug beim Postenwechsel im Kabinett: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle macht den Posten für Rösler frei und wechselt auf den Fraktionsvorsitz. Den verlässt Birgit Homburger, zugleich ist Daniel Bahr neuer Gesundheitsminister.
Alles also einigermaßen in trockenen Tüchern vor dem heute beginnenden Rostocker Parteitag – wäre nicht die Westerwelle-Kritik und natürlich das Verdrussthema Koch-Mehrin. Die FDP-Spitzenfrau hatte wegen ihres Doktorplagiats alle Posten niedergelegt, außer dem Sitz im EU-Parlament. Auch den müsse sie noch räumen, hieß es gestern in der Union. Auch für Lindner könnte es eng werden. In der FDP wurde sein Verhalten „ekelhaft” und „unter aller Kanone” genannt. Angeblich bereiten Abgeordnete schon einen Abwahlantrag vor – keine Ruhe bei der FDP.