Wer soll das bezahlen? Eine Frage des Geldes

16500 Euro im Monat: Die Mehrheit im Land ist gegen den Ehrensold für Wulff. Bangen muss er wohl dennoch nicht. Die Szenarien  
von  Vanessa Assmann
Fahrt in eine ungewisse Zukunft: Ex-Bundespräsident Christian Wulff lenkt am Tag nach seinem Rücktritt den privaten Skoda zum Haus in Großburgwedel. Sorgt die Aussicht auf den Ehrensold für die gute Laune?
Fahrt in eine ungewisse Zukunft: Ex-Bundespräsident Christian Wulff lenkt am Tag nach seinem Rücktritt den privaten Skoda zum Haus in Großburgwedel. Sorgt die Aussicht auf den Ehrensold für die gute Laune? © Peter Steffen, dpa

16500 Euro im Monat: Die Mehrheit im Land ist gegen den Ehrensold für Wulff. Bangen muss er wohl dennoch nicht. Die Szenarien

Sold, dem Ehre gebührt? Der so genannte Ehrensold in Höhe von jährlich 199000 Euro für Ex-Bundespräsident Christian Wulff sorgt für Ärger. Es geht um 16500 Euro monatliche und lebenslange Sofortrente für den 52-Jährigen. 78 Prozent der Deutschen finden, Wulff sollte freiwillig verzichten. Einer von ihnen ist Altbundespräsident Walter Scheel: Er wünsche sich, dass Wulff klug genug sei, auf seinen Ehrensold zu verzichten, sagte er der „Bild am Sonntag“. Möglich wäre, dass die Politik Wulff den Ehrensold verweigert – doch darauf deutet aus dem Umfeld von Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts hin.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier sieht keinen Grund, Wulffs Anspruch auf den Ehrensold anzuzweifeln. Wovon hängt ab, ob der Ehrensold greift? Und wovon lebt Wulff, wenn die Luxusrente entfällt?

Das für Wulff lukrativste Szenario wäre freilich der Ehrensold, den er zu Beginn seiner Amtszeit selbst noch kritisch beurteilt hatte. Weil er seiner Ankündigung, die Bezüge müssten sinken, keine Taten folgen ließ, kann er mit 16500 Euro monatlich bis ans Lebensende rechnen. Ein goldener Ruhestand mit 52. Zudem übernimmt der Staat für frühere „Alt“-Präsidenten die Kosten für Büro, Mitarbeiter und Chauffeur. Nach seinem Tod bekäme seine „First Lady“ Bettina Witwenrente, die Kinder erhielten Waisenrente.

In der Summe kämen mehrere Millionen Euro zusammen – bezahlt aus dem Bundeshaushalt. Dass das Steuerzahlern Bauchschmerzen bereitet, spielt erstmal keine Rolle. Knackpunkt ist, aus welchen Gründen, Wulff zurücktrat. Nach dem Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten von 1953 steht der Ehrensold einem früheren Bundespräsidenten zu, wenn er aus „politischen oder gesundheitlichen Gründen“ aus seinem Amt ausscheidet.

Doch trifft das Merkmal „politisch“ im Falle Wulffs zu? Ja, sagt Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion und Merkel-Vertrauter. Er argumentiert, dass Wulff seinen Rücktritt damit erklärte, dass er am Ende nicht mehr die nötige Unterstützung für sein Amt gefunden habe. „Das ist für mich eindeutig ein Hinweis darauf, dass es ein Rücktritt aus politischen Gründen war.“ Hans Herbert von Arnim und andere Staatsrechtler sprechen dagegen von „persönlichen Gründen“.

Nach einem kürzlich erarbeiteten Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags wäre in diesem Fall der Ehrensold verwirkt. Widerstand gegen Wulffs Luxusrente kommt nun auch vom Koalitionspartner: Wulff trat „rein wegen privater Dinge“ zurück, so FDP-Haushälter Jürgen Koppelin. Der Haushaltsausschuss könne Wulff den Ehrensold verweigern.  Passiert das, kann sich Wulff seine Ankündigung in der „Hannoverschen Allgemeinen“ im Jahr 2010 wahr machen: „Ich möchte gern bis zum 67. Lebensjahr mit eigener Arbeit das erwirtschaften, was ich verdiene.“

Arbeiten wird er müssen, wenn er ab dem Sommer auf dem Trockenen sitzt: Nur noch so lange hat Wulff Anspruch auf ein Übergangsgeld aus Niedersachsen. Frühere Ministerpräsidenten erhalten dort noch zwei Jahre lang Zahlungen in halber Höhe des Amtsgehalts – 7500 Euro monatlich. Ab Juli 2012 würde es jedoch einige Jahre dauern, bis wieder Geld aus Niedersachsen fließt:

Denn ein Ruhegehalt aus seinen Zeiten als niedersächsischer Ministerpräsident (2003 bis 2010) bekommt er regulär erst mit 60 Jahren. Als langjähriger Landtagsabgeordneter (1994 bis 2010) könnte er aber beantragen, schon mit 57 Jahren eine geringere Parlamentarier-Pension zu beziehen. Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen geht jedoch davon aus, dass Wulffs Ansprüche erst mit 60 wirksam werden.

Insgesamt bekäme er ab 2019 rund 7000 Euro brutto monatlich – 5300 Euro aus dem Ministergesetz plus 1710 Euro aus dem Abgeordnetengesetz. Das wäre nicht mal die Hälfte des Ehrensoldes. Gut leben ließe sich damit allemal.  


 

 

Viel mehr als eine Wahl – eine Richtungsentscheidung

Die Wahl eines Bundespräsidenten – das spiegelt in der Geschichte der Republik oft nicht nur das Kräfteverhältnis zum Zeitpunkt der Wahl wider, sondern ließ oft auch kommende Umbrüche vorausahnen. Gerade deswegen hat die Suche nach einem Wulff-Nachfolger so große, eben auch symbolische Bedeutung.

Das begann mit Theodor Heuss (von 1949 - 1959). Der Liberale wurde gegen Stimmen der SPD und Widerstand der Union gewählt. Ein Kandidat der ersten CDU/FDP-Koalition, der dann den Ruf des überparteilichen Bundespräsidenten begründete.

Er wurde von Heinrich Lübke (1959 - 1969) abgelöst und 1964 mit Stimmen der SPD wiedergewählt – ein Vorbote der Großen Koalition ab 1966.

Im März 1969 wurde sein Nachfolger Gustav Heinemann (bis 1974) gewählt – ein Erfolg von SPD und FDP, der sechs Monate später in der Regierung Brandt mündete.

FDP-Chef Walter Scheel wurde sein Nachfolger, er gewann gegen Richard von Weizsäcker.

1979 verzichtete Scheel auf eine Kandidatur – die konservative Mehrheit in der Bundesversammlung wählte Karl Carstens (CDU) zum Präsidenten. Ein Hinweis auf die Schwäche der Regierung Schmidt, die drei Jahre später abgewählt wurde.

Die SPD stellte 1984 und 1989 gar keinen Gegenkandidat gegen von Weizsäcker auf.

Roman Herzog wurde gegen Johannes Rau 1994 Weizsäckers Nachfolger – letzterer kam 1999 als rot-grüner Kandidat ins Amt.

2004 wählten die Oppositionsparteien CDU/FDP Horst Köhler – ein gutes Jahr später war die Regierung Schröder am Ende. Was eine mögliche Wahl eines Wulff-Nachfolgers mit Stimmen der Opposition für Folgen hat, wird wohl nicht nur Historiker interessieren. tha

 

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