Wenn Rechte unfreiwillig zu Flüchtlings-Schleppern werden

Eigentlich war die rechte Identitiäre Bewegung mit ihrem gecharterten Schiff C Star im Mittelmeer in See gestochen, um Flüchtlinge an der Überfahrt nach Europa zu hindern. Jetzt drohen Kapitän und Crew selbst Haftstrafen wegen Menschenschmuggel.
Christoph Elzer |
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Gestrandet vor Zypern: Seit dem 24. Juli liegt die C Star (roter Kreis) im Hafen von Famagusta.
Gestrandet vor Zypern: Seit dem 24. Juli liegt die C Star (roter Kreis) im Hafen von Famagusta.

Famagusta – Spektakulärer hätte das menschenverachtende Projekt der Identitären wohl nicht scheitern können. Monatelang sammelten sie über Soziale Netzwerke Geld, um Flüchtlinge oder Rettungsorganisationen im Mittelmeer zu behindern. Über 120.000 Euro kamen so laut eigenen Angaben zusammen. Genug um ein Schiff zu chartern – aber offenbar nicht genug, um eine westliche Crew anzuheuern.

Ausgerechnet die Identitäre Bewegung, in Österreich als "Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität" im Vereinsregister eingetragen und in Deutschland unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes, war gezwungen, auf eine Schiffsbesatzung aus Sri Lanka zurückzugreifen. Doch nicht nur das, die Männer aus dem Inselstaat im Indischen Ozean mussten für ihre Fahrt auf dem Schiff sogar bezahlen – angeblich eine Ausbildungspauschale, da aus ihnen unterwegs echte Seeleute werden sollten.

Und genau diese Transaktion hat nun der rechten Aktion "Defend Europe" eine Wendung verpasst, die sich nicht einmal ein Drehbuch-Autor aus Hollywood hätte ausdenken können. Bei einem Zwischenstopp in der Hafenstadt Famagusta im türkisch kontrollierten Norden der Insel Zypern verließ die Besatzung das Schiff und bat vor Ort um Asyl. Sie seien Tamilen und damit eine in ihrer Heimat Sri Lanka verfolgte Minderheit.

Das an sich wäre für die "Patrioten" hinter der Mission sicherlich schon recht peinlich. Aber weil sie von den Tamilen auch noch Geld verlangt haben, nimmt das Problem eine völlig neue Dimension an.

Rechte Stümperei oder großangelegte NGO-Verschwörung?

Die türkischen Behörden haben nach örtlichen Medienberichten den Kapitän und Ersten Offizier der C Star, also die beiden federführenden Identitären an Bord des Schiffes, festgenommen. Gegen sie wird unter anderem wegen Dokumentenfälschung ermittelt. Das klingt vergleichsweise harmlos, doch zusammen mit der Tatsache dass die C-Star gar keine Einreiserlaubnis in zypriotische Gewässer hatte, wird daraus ein an Ironie kaum zu überbietender Vorwurf: Haben sich die Identitären als Schlepper betätigt, da sie Flüchtlingen gegen Bezahlung die illegale Überfahrt nach Zypern ermöglichten?

Selbstverständlich nicht, sagt "Defend Europe". Für die Identitäre Bewegung stellt sich das alles ganz anders dar. Die Tamilen seien auf Zypern "nach Augenzeugenberichten von organisierten Kommandos der NGO empfangen" worden. "Diese wollten die Männer dazu bringen, Asylanträge in der Türkei zu stellen. Als Gegenleistung dafür wurden ihnen Geld, Essen und Unterkünfte in Aussicht gestellt." Fünf Crew-Mitglieder seien auf dieses Angebot eingegangen und hätten so die Ermittlungen gegen die Mannschafts-Führung ausgelöst. Belege für diese ominöse NGO-Verschwörung liefern die Identitären allerdings nicht.

Ebenso schweigen sie darüber, welche "Patrioten" sich denn tatsächlich an Bord (oder jetzt in Haft) befinden. Einer von ihnen dürfte aber nach AZ-Informationen ein deutscher ehemaliger Marinefunker sein. Er war früher Autor für das rechte Magazin "Blaue Narzisse", eine Zeit lang Mitarbeiter des FPÖ-Abgeordneten Christian Höbart und äußerte sich schon, dass es sein Ziel sei, "primitive Eselfickerkulturen dahin zu verbannen, wo sie geläufig sind".

Auf seinem Instagram-Account postete er in den letzten Tagen Bilder, die mutmaßlich auf der C Star entstanden. "Ich auf der Brücke", lautet die Unterschrift eines Selfies, "Sonnenuntergang östlich von Afrika" die eines anderen Fotos. Seit die C Star vor Zypern Anker geworfen hat, herrscht auf dem Profil allerdings Funkstille.

Gestrandet vor Zypern: Seit dem 24. Juli liegt die C Star (roter Kreis) im Hafen von Famagusta.
Gestrandet vor Zypern: Seit dem 24. Juli liegt die C Star (roter Kreis) im Hafen von Famagusta.

Gestrandet vor Zypern: Seit dem 24. Juli liegt die C Star (roter Kreis) im Hafen von Famagusta. Foto: marinetraffic.com

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