Weiblich, christsozial, jung? Horst Seehofers Frauen-Problem

Bayerns designierter Ministerpräsident Horst Seehofer will sein Kabinett jünger und weiblicher machen. Allein – der CSU fehlt das geeignete Personal dafür. In der Not setzt die Partei jetzt auf die zurückgetretene Generalsekretärin Christine Haderthauer und Justizministerin Beate Merk.
von  Abendzeitung

MUENCHEN - Bayerns designierter Ministerpräsident Horst Seehofer will sein Kabinett jünger und weiblicher machen. Allein – der CSU fehlt das geeignete Personal dafür. In der Not setzt die Partei jetzt auf die zurückgetretene Generalsekretärin Christine Haderthauer und Justizministerin Beate Merk.

Horst Seehofer hat ein Problem mit den Frauen: Wenn er am Samstag zum neuen CSU-Chef gewählt und zwei Tage danach zum Ministerpräsidenten gekürt wird, muss er sich in Bayern gleich ans weibliche Geschlecht ranwanzen. Denn die Frauen waren es, die der christsozialen Männerpartei die kalte Schulter gezeigt und das Wahldesaster verursacht haben.

Vor allem die 25- bis 45-Jährigen wollten nichts mehr von der CSU wissen. Und die Frauen aus der Stadt. Auf nur noch 35 Prozent brachte es die CSU bei diesen Wählerinnen. „Um die müssen Sie sich kümmern“, empfahl Wahlforscher Matthias Jung jetzt der CSU. Das funktioniere nicht nur mit Sachpolitik alleine. Zwar sei für diese Frauen das Thema Schule/Bildung bei ihrer Wahlentscheidung mit ausschlaggebend gewesen. Vor allem aber komme es ihnen auf „die Performance“ der CSU an. Die Partei verkörpere noch immer das konservative Familienbild.

Dabei hatte sich Noch-CSU-Chef Erwin Huber im Wahlkampf doch sogar bei den berufstätigen Frauen und Müttern entschuldigt. „Die CSU hat sie zu lange schief angesehen, zu lange ein einseitiges Hausfrauenbild gehabt, sie zu lange als Rabenmütter verurteilt. Das war ein Fehler.“ Die Partei müsse das aber auch nach außen darstellen, mit Köpfen, riet der Wahlforscher.

In der ohnehin abgespeckten Landtagsfraktion sitzen nur 19 Frauen

So kündete Seehofer sofort an: Sein Kabinett soll jünger und weiblicher werden. Doch wie? Der designierte Ministerpräsident hat zu wenige Frauen im Kandidatentopf. Nur 19 Volksvertreterinnen sitzen in der abgespeckten Landtagsfraktion. Zwei davon sind absolute Neulinge.

Und zwei sind bereits ausgemustert: Ursula Männle (64) war vier Jahre Europaministerin und wurde ausgewechselt, weil sie es nicht im Kreuz hatte. Erika Görlitz (56) durfte zwei Jahre Umweltstaatssekretärin sein, musste dann einem Mann weichen. Die Schwergewichte unter den Frauen sind für das Kabinett zu alt: Christa Matschl, bisher im Fraktionsvorstand, ist 65 Jahre. Annemarie Biechl, die kampfeslustige Bäuerin, wird 60 Jahre alt.

Die bisherige Familienministerin Christa Stewens (63) ist im Rentenalter und wird von Seehofer wohl ausgemustert. Wirtschaftsministerin Emilia Müller (56), die Chefin der Frauen-Union, schaffte den Sprung in den Landtag nicht.

Beckstein zog ein männliches Weichei der knallharten Schulexpertin vor

Barbara Stamm (64) bekommt ihren Traumjob und wird Landtagspräsidentin. Renate Dodell (55) ließ sich wieder zur Vize-Fraktionschefin wählen. Gerade noch packen könnte es Ingrid Heckner (58) im künftigen Kabinett. Die Altöttingerin hat einen knallharten Ruf, wenn es um Schule geht. Doch schon Beckstein hat der Berufsschullehrerin, die viele Jahre im Kultusministerium Hauptpersonalrätin war, lieber ein „Weichei“ vorgezogen: den niederbayerischen Assessor Bernd Siebler. Der hatte zwar weder Berufs- noch große Politikerfahrung. Aber er ist erst 37 Jahre alt.

Bei den ganz Jungen gibt es nur eine einzige: Melanie Huml (33). Beckstein machte sie zur Sozialstaatssekretärin. Die studierte Ärztin ohne Doktortitel aus dem oberfränkischen Bamberg blieb unauffällig. Sie gilt in der CSU-Spitze als „zu brav, zu bieder, zu naiv und ohne Ausstrahlung“.

Zwei Juristinnen sollen die CSU aus ihrer Misere befreien

Bleiben nur zwei Juristinnen, die die CSU aus ihrer Misere mit dem weiblichen Geschlecht retten können. Christine Haderthauer (45), die zurückgetretene Generalsekretärin. Und: Beate Merk, die bisherige Justizministerin.

Haderthauer repräsentiert den Frauentyp: Kinder, Küche und Karriere. Die Rechtsanwältin zog zwei Kinder groß. Baute sich erfolgreich eine eigene Kanzlei in Ingolstadt auf. Stieg danach in die Politik ein. Ist wortgewandt, attraktiv, hat Ausstrahlung. Als Generalin musste sie die Verantwortung für die Wahlniederlage der CSU übernehmen. Doch sie persönlich war an dem Desaster am allerwenigsten schuld. Haderthauer wäre für die CSU ein Aushängeschild als künftige Familien -und Sozialministerin. Aber da gibt’s ein Problem. Ein ganz persönliches: Seehofer mag sie nicht. Gerade weil sie beide aus Ingolstadt kommen und sich Haderthauer vor einem Jahr gegen ihn und auf die Seite von Erwin Huber gestellt hatte.

Zugpferd für die großstädtischen Single-Frauen wäre Beate Merk. Als Vize-Chefin sollte sie die CSU großstädtischer machen. Was ihr wegen zu wenig Durchsetzungskraft bisher nicht gelang. Sie könnte in der Staatskanzlei das Ministerium für Europa- und Bundesangelegenheiten übernehmen. Als Schriftführerin sitzt sie seit Jahren im Bundesrat. Ihr Justizministerium geht wohl an die FDP. Die hat dafür eine qualifizierte Frau: Verhandlungsführerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (57) war bereits fünf Jahre Bundesjustizministerin im Kabinett Kohl.

Angela Böhm

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