Was wusste Merkel?

Der BND konnte schon seit Jahren im großen Stil auf das Spähprogramm der NSA zugreifen.
von  zo
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt in der NSA-Affäre einen langen Aufklärungsprozess an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt in der NSA-Affäre einen langen Aufklärungsprozess an. © dpa

Berlin - Der BND wusste angeblich schon seit Jahren vom US-Spähprogramm. Ein Grünen-Politiker fordert die Vorladung der Kanzlerin vors Kontrollgremium

Was wusste Bundeskanzlerin Angela Merkel wirklich über die Spähprogramme der USA? Diese Frage stellen sich viele Oppositions-Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das wegen der NSA-Affäre schon für heute eine Sondersitzung einberufen hat.

Die Geheimdienst-Kontrolleure sind durch Medienberichte aufgerüttelt, demnach der BND frühzeitig von Tempora und Prism wusste und bereitwillig auf die US-Daten zugegriffen hat. Der BND ist Kanzleramtsminister Ronald Pofalla unterstellt, und dieser Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Nach einem „Bild“-Bericht soll der BND die US-Geheimdienste seit Jahren konkret um Hilfe gebeten haben, wenn im Ausland Bundesbürger entführt wurden. Den Pullachern wurden aus den USA dann Kommunikationsverbindungen der Entführten übermittelt, aus denen sich der BND Hinweise über den Entführungs-Hintergrund erhoffte.

Dies bedeutet im Umkehrschluss: Der BND wusste früh, dass die USA im großen Stil Kommunikationsdaten absaugen und speichern.

Anders als von Innenminister Hans-Peter Friedrich nach seiner USA-Reise dargestellt, speichere dabei das Programm Prism nicht gezielt, sondern flächendeckend alle Inhalte elektronischer Kommunikation. Diese würden nach maximal sechs Monaten gelöscht – die Metadaten aber (Wer hat wem wann gemailt und was stand in der Betreffzeile) bleiben für alle Zeiten gespeichert.

Die Bundesregierung hält sich zu dem Bericht bedeckt. „Über operative Details der Arbeit von Nachrichtendiensten kann die Regierung öffentlich keine Auskunft geben, sondern nur im Parlamentarischen Kontrollgremium“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es sei aber kein Geheimnis, dass es grundsätzlich eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Diensten gebe. Was das Bundeskanzleramt wisse, habe der zuständige Minister Pofalla dem Kontrollgremium bereits mitgeteilt.

Der Grünen-Abgeordnete und Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, Hans-Christian Ströbele, fordert jetzt die Vorladung Merkels: „Die Kanzlerin darf sich nicht hinter den Ministern Pofalla und Friedrich verstecken, die offensichtlich ihren Aufgaben nicht gewachsen sind. Sie selbst muss die Verantwortung für das Versagen ihres Kanzleramtes bei der Wahrung der Bürgerrechte übernehmen.“

„Dies ist nicht geplant“, sagte Seibert. Außerdem ließ Merkel ausrichten, die Aufklärung der US-Spähaffäre werde dauern: „Wir sind hier sicherlich am Anfang eines Aufklärungsprozesses.“ Eine so komplexe Materie sei nicht mit einem einzigen deutschen Besuch in Washington zu klären.

Grünen und Linken geht das nicht schnell genug: Sie fordern einen Untersuchungsausschuss im Bundestag. Die SPD hält sich dazu noch bedeckt. CSU-Chef Horst Seehofer hält eine Aufklärung im Parlamentarischen Kontrollgremium für ausreichend: „Dafür gibt es das Gremium“, sagte er. Heute muss nun erstmal Friedrich vors PKG.

Gestern musste er schon zurückrudern: Nicht fünf konkrete Terroranschläge in Deutschland konnten vereitelt werden – teilweise seien auch nur „Überlegungen“ durchkreuzt worden, räumte sein Sprecher ein. „Es könnte sich auch um ein sehr frühes Stadium gehandelt haben.“

 

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