Was jetzt juristisch auf Wulff zukommt

Strafrechtlich fängt die Affäre für Wulff jetzt erst richtig an: Geerkens-Kredit, Zentis-Reise, Audi-Deal. Im schlimmsten Fall stehen drei Jahre Haft auf das Delikt der „Vorteilsannahme“
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Geerkens-Kredit, Zentis-Reise, Audi-Deal: Im schlimmsten Fall stehen drei Jahre Haft auf das Delikt der „Vorteilsannahme“

Strafrechtlich fängt die Affäre für Christian Wulff jetzt erst richtig an: Mit dem Rücktritt verliert er automatisch seine Immunität, die Staatsanwaltschaft Hannover kann nun ermitteln. Juristisch geht es um „Vorteilsannahme“: Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft. Dabei geht es gar nicht um „Bestechung“: also wenn sich ein Amtsträger eine bestimmte, verbotene Amtshandlung abkaufen lässt.

Der Vorwurf der „Vorteilsannahme“ (Paragraf 331 Strafgesetzbuch) greift viel früher, erklärt der Münchner Strafrechtler Thomas Pfister. „Ein Amtsträger (...) macht sich strafbar, wenn er für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.“ Da muss es noch gar nicht zwingend eine konkrete Gegenleistung gegeben haben.

Im Korruptionsstrafrecht gibt es auch den Begriff des „Anfütterns“: Wenn jemand einen Entscheidungsträger immer wieder zum Abendessen einlädt, auch ohne jeweils explizite Leistungen zu fordern, aber irgendwann eben sagt, jetzt könntest du mir vielleicht auch mal einen Gefallen tun, „dann kommen wir in einen problematischen Graubereich“, so Pfister zur AZ.

Konkret geht es bei Wulff – bisher – um den Komplex Sylt. Filmproduzent David Groenewold hatte ihm einen Drei-Tage-Aufenthalt im Hotel „Stadt Hamburg“ (258 Euro pro Nacht) bezahlt. Wulff will die Summe später bar zurückgezahlt haben. Zuvor hatte Groenewolds Firma vom Land Niedersachsen eine Bürgschaft über vier Millionen zugesagt bekommen. Das heißt, es geht hier um 774 Euro. Pfister: „Ein Beamter würde bei dieser Summe bereits aus dem Dienst entfernt werden.“

Und noch ist nicht klar, ob die Ermittlungen ausgeweitet werden: der Geerkens-Kredit, die Zentis-Reise, der Audi-Deal. „Das würde sich im Strafmaß bemerkbar machen“, sagt Pfister. Dennoch hält er es nach dem jetzigen Stand für am wahrscheinlichsten, dass das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt wird. Denn dabei würde auch der Verlust des Amtes als strafmildernd berücksichtigt.

Der Münchner Strafrechtler Lutz Libbertz geht dagegen nicht davon aus, dass Wulff so milde davon kommt. Er hält – vor allem wegen der Bürgschaft – eine Gefängnisstrafe für denkbar, wenn auch auf Bewährung.

 

 

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