„Was ist ihr größtes Problem, Herr Beckstein?“

Der AZ-Wahlstammtisch mit Ministerpräsident Günther Beckstein. Sieben Leser stellen dem CSU-Politiker ihre Fragen Trotz allem Stress und dem Wahlkampfendspurt stellt sich der Ministerpräsident den Fragen der AZ und ihrer Leser.
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Angeregtes Gespräch bei Weißbier und Brotzeit: Günther Beckstein (M. ) mit den Lesern, AZ-Chefredakteur Arno Makowsky und Redakteurin Angela Böhm.
Gregor Feindt Angeregtes Gespräch bei Weißbier und Brotzeit: Günther Beckstein (M. ) mit den Lesern, AZ-Chefredakteur Arno Makowsky und Redakteurin Angela Böhm.

MÜNCHEN - Der AZ-Wahlstammtisch mit Ministerpräsident Günther Beckstein. Sieben Leser stellen dem CSU-Politiker ihre Fragen Trotz allem Stress und dem Wahlkampfendspurt stellt sich der Ministerpräsident den Fragen der AZ und ihrer Leser.

Ein Ministerpräsident hat’s immer eilig – aber jetzt, in der Wahlkampfschlussphase pressiert es Günther Beckstein ganz besonders: Immer zwei Stufen auf einmal nimmt der Regierungschef beim Raufspurten in den ersten Stock des Spatenhauses am Münchner Max-Joseph-Platz. Oben in den Schäffler-Stuben, erwartet Beckstein an diesem Freitag Vormittag schon der AZ-Stammtisch: sieben AZ-Leser und die AZ-Redakteure Arno Makowsky und Angela Böhm. Beckstein lehnt die Frage, ob’s am Stammtisch für ihn ein Weißbier sein darf, mit gespielter Entrüstung ab. Im Wahlkampf komme das nicht in Frage, er hätte lieber einen Kaffee.

Doch wenigstens fürs Foto lässt sich Beckstein von Spatenhaus- Wirt Stephan Kuffler ein Weißbier hinstellen. Und schnell nimmt der AZ-Stammtisch Fahrt auf. Am Ende hat Beckstein keinen Kaffee getrunken, wohl aber ein halbes Weißbier.

AZ: Herr Beckstein, gleich zur aktuellen Diskussion: Kommt nach dem Rauchverbot jetzt das Alkoholverbot?

GÜNTHER BECKSTEIN: Mit Sicherheit nicht. Genuss in Maßen, zum Beispiel von einem Glas Bier oder Wein gehört zur Kultur, das muss man auch nicht in Zweifel ziehen. Alkoholmissbrauch muss aber bekämpft werden.

GABI SCHWÖRER-ROGG: Unter den Jugendlichen gibt es aber richtige Exzesse, und zwar in allen Gesellschaftsschichten. Da muss doch auch von Seiten der Regierung was unternommen werden.

BECKSTEIN: Komasaufen ist ein Problem. Deswegen ist es eine wichtige Aufgabe von Eltern und Schule, die Jugendlichen zum richtigen Umgang mit Alkohol zu erziehen.

SCHWÖRER-ROGG: Eltern wissen aber oft gar nicht, was da bei ihren Kindern passiert.

BECKSTEIN: Verkauf von Schnaps und ähnlichem an unter 18-Jährige ist verboten und das wird auch kontrolliert. Missbrauch würde durch Einführung einer Prohibition aber sicher nicht eingeschränktwerden. Dem 17-Jährigen wird der Alkohol halt dann vom 19-Jährigen gekauft. Den privaten Bereich kann der Staat nicht kontrollieren

THOMAS SEIDEL: Man kann das Thema zum zehnten Mal im Unterricht durchnehmen, den Jugendlichen hängt es zum Hals raus. Was für Maßnahmen könnte die Regierung denn überhaupt noch ergreifen? Da gibt es nicht viele. Das meiste liegt an der Erziehung im Elternhaus, da muss die Aufklärung beginnen. Je höher die Verbotewerden, desto reizvoller ist es für manche Jugendliche, diese zu umgehen. Beim Thema Rauchen ist das doch ähnlich.

BENEDIKT FREY: Eine Prohibition oder Heraufsetzung des Alters würde nichts bringen. Ein Verbot würde es nur reizvoller machen.

NIKOLA BEYERLE: Der Staat kann da nicht viel tun. Das ist mehr ein soziales Problem. Als Jugendlicher will man sich doch den Erwachsenen gegenüber abgrenzen.

BECKSTEIN: Bei öffentlichen Flatratepartys muss der Staat eingreifen. Bis zum Entzug der Gewerbeerlaubnis. Der übermäßige Alkoholkonsum findet aber zunehmend im privaten Bereich statt.

CHRISTL HIRSCHAUER: Ich habe ja ein Saftstandl auf dem Viktualienmarkt. Aber bei solchen Diskussionen denke ich an meine Jugend. Ich hab mich damals auch mal betrunken. Beim Thema Alkohol und Autofahren verhalten sich die Jugendliche heute verantwortungsvoller als wir damals. Meine Kinder sind sich der Konsequenzen sehr bewusst.

AZ: Nun haben wir ja auch noch andere Probleme, zum Beispiel die Kinderbetreuung in Bayern.

LARS JANOSCHEK: Mich kostet ein Kindergartenplatz 130 Euro im Monat.Was schlagen sie für die Entlastung von Familien mit durchschnittlichem Einkommen vor?

BECKSTEIN: Um die Kosten für die Kinderbetreuung zu decken, ist ein Eigenbetrag notwendig. Die gerade beschlossene Erhöhung des Kindergelds und des Kinderfreibetrags entlastet aber die Familien.

BEYERLE: Ich hätte da eine Frage zu den Studiengebühren. Wofür werden meine 500 Euro eigentlich verwendet?

BECKSTEIN: Über die Verwendung dieserr Gelder bestimmt die Uni, auch über die Höhe der Studiengebühren,zu deren Erhebung ich nach wie vor stehe. Niemand, der finanziell schwächer gestellt ist, darf aber ausgeschlossen werden. Deswegen gibt es ein sehr faires Darlehenssystem.

BEYERLE: Das Problem ist nicht, dass wir nicht zahlen wollen. Aber ich seh nicht, wo es hingeht.

BECKSTEIN: Wir haben den Universitäten deutlich l mehr Selbstständigkeit gegeben, nun müssen sie für Transparenz sorgen. Wir wollen optimale Studienbedingungen, so dass jeder junge Mensch optimale Voraussetzungen hat.

AZ: Immer mehr Eltern zahlen für Privatschulen, weil sie mit den öffentlichen Schulen nicht mehr zufrieden sind.

SEIDEL: Wir haben riesigen Zulauf. Wenn wir als Privatschule den Eltern nicht zeigten, dass wir mit ihrem Geld auch etwas Besonderes bewirken, dann würden wir auch keinen Erfolg haben.

BECKSTEIN: Wir wollen, dass die öffentliche Schulen beste Qualität bieten und öffentliche Schulen sind schließlich für jedermann verfügbar.

SEIDEL: In Bayern wird der Ganztagssschulbereich ausgeweitet. Aber ist nichtmal dran gedacht worden, dass man die Lehrerausbildung an sich überdenken muss?

BECKSTEIN: Da sind wir dran. Die pädagogische Ausbildung muss eine größere Rolle spielen. Viele Lehrer tun bereits Zusätzliches, wie bei der Mittagsbetreuung. Dort gibt es viel ehrenamtliche Tätigkeit. Im ländlichen Bereich leisten Landfrauen auch Erziehung zur gesunden Ernährung.

SEIDEL: Aber wenn sie sich eine Klasse vorstellen mit 80 Prozent schwierigem Ausländeranteil, die Mittagsbetreuung haben. Da brauchen Sie absolute Hardliner. Da wäre eine Landfrau überfordert.

BERNHARD BIEBL: Ich zähle mich zu den Kleinständlern. In Bayern wird viel für die Wirtschaft getan, aber leider zugunsten der Großen. Und nicht für die Familienunternehmen, wie wir es seit 115 Jahren sind.

BECKSTEIN: Gestern hab ich Gespräche mit größeren Unternehmen geführt, die sich beklagt haben, dass wir zwar eine hervorragende Wirtschaftspolitik machen, aber zu viel an die kleinen und mittleren Unternehmen denken.

AZ: Herr Biebl unterbrechen Sie ihn. Sonst bekommen wir jetzt eine Regierungserklärung.

BIEBL: Wie sieht es denn mit der Bürokratie aus? Ich merke vom Bürokratieabbau nichts.

BECKSTEIN: Im Baurecht haben wir die massiv reduziert, aber im Bereich der Steueranmeldungen und Sozialversicherungen wird es eher immer perfektionistischer. Das ist ein mühsames Geschäft.

FREY: Ich wurde schon drei mal ohne ersichtlichen Grund von der Polizei kontrolliert und gefilzt. Sie betonen im Wahlkampf, Bayern sei das sicherste Bundesland. Ich denk, dass ein hohes Maß an allgemeiner Sicherheit ein kleines Minus an persönlicher Freiheit bedeutet. Wie muss ich mich als junger Wähler fühlen, eher frei oder eher sicher?

BECKSTEIN: Ich glaube nicht, dass Sicherheit und Freiheit Gegensätze sind. Damit sich die Leute sicher fühlen, war ich für die Video-Überwachung an U-Bahnhöfen. Dasselbe gilt bei Kontrollen. Der Polizist macht ja nicht einfach Serienkontrollen.

FREY: Nach welchen Kriterien geht es denn? Meiner Meinung nach gehen die nur nach dem Aussehen.

BECKSTEIN: Dann würden Sie nie kontrolliert. Wenn Sie aus Sicht der Polizei in Bereichen unterwegs sind,wo es Drogenhandel gibt, zum Beispiel am Ostbahnhof, dannwird da kontrolliert. Aber dort, wo es wenig solcher Störungen gibt, wird nicht kontrolliert. Aber jede Beeinträchtigung der Freiheit braucht eine Rechtsgrundlage. Für die Polizei ist das immer eine schwierige Aufgabe, so viel zu kontrollieren, dass Kriminalität nicht zunimmt und so wenig, dass sich die Menschen auch weiter frei fühlen.

AZ: Jetzt zum Schluss die wirklich wichtigen Fragen.

JANOSCHEK: Steigt der Club auf oder ist 1860 am Saisonende vorn?

BECKSTEIN: Ich bin Clubfan und als solcher begeisterungs- und leidensfähig. Ich habe mit Roth und Bader gesprochen, dass der unmittelbare Wiederaufstieg ein absolutes Muss ist, nachdem der Abstieg so eine gnadenlose Blödheit war. Wir sind auch die beste Mannschaft imdeutschen Profifußball, weil keine Mannschaft neun Mal aufgestiegen ist.

HIRSCHAUER: Alle interessiert, was ihre Frau zur Wiesn anzieht?

BECKSTEIN: Meine Frau kommt in einem schönen Trachtenkostüm und ich im Trachtenanzug.

HIRSCHAUER: Welche Frage würden Sie sich stellen?

BECKSTEIN: Was kann ich noch tun, damit das X am Wahlsonntag bei 50 plus X möglichst groß wird?

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