Was folgt auf das 9-Euro-Ticket? Verschiedene Modelle im Überblick

Laut Verkehrsminister ist die Billig-Fahrkarte ein "Riesenerfolg". Für seine Nachfolge liegen mehrere Modelle auf dem Tisch. Ein Überblick.
von  Sascha Meyer
Ein Mann hält ein 9-Euro-Ticket in der Hand, im Hintergrund fährt vor der Bergkulisse des Wettersteingebirges ein Zug vorbei.
Ein Mann hält ein 9-Euro-Ticket in der Hand, im Hintergrund fährt vor der Bergkulisse des Wettersteingebirges ein Zug vorbei. © Angelika Warmuth/dpa

Beim 9-Euro-Ticket für Busse und Bahnen ist es gerade wie beim Zugfahren: Klappt es mit einem Anschluss? Die Sonderaktion zur Entlastung von Millionen Fahrgästen in der Energiekrise hat jetzt Halbzeit. Sie läuft bis Ende August. Was kommt danach?

Die Debatte über einen attraktiveren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist voll im Gange - auch wenn Erkenntnisse genauer auszuwerten sind und die Politik erst im Herbst weitere Systemfragen klären will. Modelle liegen auf dem Tisch. Mit einem nahtlosen Folgeangebot dürfte es aber schwer werden.

9-Euro-Ticket ein "Riesenerfolg"

Möglich wäre ein Anschluss laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing Ende des Jahres oder Anfang 2023. Anfang November sollten Daten zu dem Ticket vorliegen, die bei der Bewertung helfen sollten, sagte der FDP-Politiker gestern. "Welche Rolle spielt der Preis? Welche Rolle spielt das einfache Handling oder die deutschlandweite Geltung?" Um solche Fragen werde es dabei gehen. "Da wird ja sehr viel gemutmaßt, aber so richtig weiß man es nicht. Darum brauchen wir die Ergebnisse der Evaluation."

Die Zwischenbilanzen von Bund, Ländern und Branche fallen ziemlich einhellig aus. Das Ticket sei ein "Riesenerfolg", sagte Wissing. "Wir haben 21 Millionen Tickets zusätzlich zu den zehn Millionen Abonnenten verkauft. Das hat der ÖPNV lange nicht gesehen." Unter den 31 Millionen Nutzern seien viele Berufspendler, aber auch Tagesausflügler. Weniger als 0,1 Prozent der Züge waren demnach so stark ausgelastet, dass Sicherheitsmitarbeiter eingreifen mussten. Die Fahrgastzahlen seien zurück auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

Solche Sonderkonditionen hat es bundesweit auch noch nicht gegeben: Für jeweils 9 Euro im Monat kann man im Juni, Juli und August in alle Busse und Bahnen des Regional- und Nahverkehrs in ganz Deutschland steigen - viel günstiger als normale Monatstickets, die zudem nur in den regionalen Verbundbereichen gelten.

Die Aktion soll damit auch ein Anreiz für Autofahrer sein, überhaupt mal an die Öffentlichen zu denken. Was Ticketkäufer freut, kostet den Bund für die drei Monate allerdings 2,5 Milliarden Euro zusätzlich als Ausgleich für Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen.

Nachfolge für das 9-Euro-Ticket: Diese Optionen gibt es

Wenn bald wieder die alten Tarife gelten und sich sonst nichts ändert, wäre es eine recht harte Bremsung. Folgevorschläge gibt es daher schon mehrere:

Verlängerung: Die Linkspartei forderte angesichts hoher Gaspreise, das 9-Euro-Ticket bis Jahresende zu verlängern. Die Grüne Jugend macht sich sogar für ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket stark. Die Kosten lägen laut früheren Angaben von Volker Wissing außerhalb der Bedingungen der Pandemie bei etwas mehr als einer Milliarde Euro im Monat.

29-Euro-Ticket: Die Verbraucherzentralen haben vor kurzem ein leicht buchbares Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr zum monatlichen Preis von 29 Euro vorgeschlagen - also für etwa einen Euro pro Tag: "Das würde in der Preiskrise alle entlasten, insbesondere aber Haushalte mit wenig Geld, und zudem der nötigen Verkehrswende mehr Schub geben", lautet ihre Argumentation.

69-Euro-Ticket: Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen schlägt ein bundesweit gültiges ÖPNV-Klimaticket für 69 Euro im Monat als dauerhaftes Angebot vor, das ab 1. September machbar wäre. Es würde aber nicht wie das 9-Euro-Ticket automatisch für Abonnenten gelten. Kostenpunkt für den Staat: zwei Milliarden Euro im Jahr.

365-Euro-Ticket: Schon länger diskutiert wird über ein Jahresticket für 365 Euro, also für einen Euro am Tag, das es in Österreich bereits gibt. Gerade erst hat es der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wieder ins Spiel gebracht (AZ berichtete).

Die Umweltorganisation Greenpeace warnte, Wissing dürfe den Erfolg des 9-Euro-Tickets nicht mit einer Unterbrechung aufs Spiel setzen. Kommen müssten daher eine lückenlose Fortführung bis Jahresende und dann ab 2023 ein "Klimaticket" für maximal einen Euro pro Tag.

Wissing will sich noch nicht auf eine Nachfolgelösung festlegen. "Wir brauchen ein Modell, das in die Haushalte der Länder und auch in den Haushalt des Bundes passt." Mit den Ländern verabredet ist zudem, dass im Herbst die Ergebnisse einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zur generellen Zukunft und Finanzierung des ÖPNV vorliegen sollen.

SPD-Fraktionsvizechef Detlef Müller sieht als wichtigste Erkenntnis des 9-Euro-Tickets, dass das Angebot nicht nur günstig, sondern vor allem einfach sein müsse. Bestenfalls also: "Einsteigen, Fahren, Aussteigen - egal wann, egal wohin. Alles mit einem Ticket." Das müssten auch eventuelle Nachfolgeangebote liefern. Und klar sei, dass ein ÖPNV zum Quasi-Nulltarif nicht finanzierbar sei. "Preisanreize dürfen nicht zulasten des Betriebs und des Ausbaus des ÖPNV gehen."

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