Was bedeutet die Krise für die Wirtschaft?
Die russische Börse stürzt ab, international ist die Verunsicherung groß. Die Konjunktur ist in Gefahr
Frankfurt - Die Euro-Krise ist allmählich wieder aus den Nachrichten verschwunden, jetzt gibt’s neuen Zündstoff für die Weltwirtschaft: Der Konflikt auf der Krim bedroht die Konjunktur.
Warum ist die Krise für die Wirtschaft gefährlich? Ein im Raum stehender Konflikt sorgt immer für Unsicherheit. Investoren halten sich zurück, flüchten in vermeintlich sichere Anlagen, halten ihr Geld zusammen. Wirtschaftswissenschaftler Bert Rürup will noch nicht mit dem Schlimmsten rechnen, aber er sagt im „Handelsblatt“: „Einen Dämpfer kann es in der Konjunktur geben.“ Auch nach der Kuba-Krise 1962 gab es den Knick.
Gibt’s schon Anzeichen? Ein Gradmesser für internationale Verunsicherung ist der Ölpreis: Er stieg an, auf 110,67 US-Dollar pro Barrel. Ein Plus von 1,60 Dollar zu Freitag – das dürfte viele zusätzliche Millionen in die Kassen der Rohstoffmacht Russland spülen. Gleichzeitig ist aber die russische Börse dramatisch eingebrochen.
Wie reagierten die Aktienmärkte? Als der Konflikt auf der Krim am Wochenende eskalierte, waren alle Handelsplätze weltweit geschlossen. Deshalb starrten Händler am Montagfrüh umso gebannter auf die Aktienmärkte. Und tatsächlich: Auf der ganzen Welt sind die Kurse abgesackt. Der Dax verlor am Mittag 2,44 Prozent. Auch die Kurse in Paris, London, Tokio, Seoul und Sydney brachen ein. Besonders hart abgestürzt ist aber der Aktienmarkt in Russland: Der RTS-Index brach um 9,05 Prozent ein. Auch der Rubel ist auf ein historisches Tief gestürzt. Ein Euro kostete 51,20 Euro – so viel wie nie. „Das ist eine nie dagewesene Krise“, sagt Analyst Patrick Jacq von der BNP Paribas. Die Investoren sind beunruhigt – und flüchten in sichere Anlagen: In Gold, Schweizer Franken – und in deutsche Staatsanleihen, deren Rendite aufgrund der starken Nachfrage von 1,62 Prozent auf rund 1,57 Prozent sank. Um die Schockwellen für die russische Wirtschaft zu bremsen, hat die russische Zentralbank den Leitzins von 5,5 auf 7 Prozent angehoben.
Wie stark ist Russland? Das Wirtschaftswachstum des Riesenreichs ist im vergangenen Jahr auf 1,4 Prozent gesunken, für das laufende Jahr wird nicht viel mehr erwartet. Aber: Russland ist ein wichtiger Gas- und Öllieferant. Deutschland bezieht rund 32 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Und ein Großteil läuft durch die Ukraine. Die Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung warnt im „Handelsblatt“, dass die Versorgungssicherheit Westeuropas bedroht sein könnte. Der Versorger Gasprom hatte durch den Kursrutsch gestern Milliardenverluste - und sprach prompt von Preiserhöhungen.
Sind auch deutsche Firmen betroffen? Russland ist ein wichtiger Handelspartner für Deutschland. Vor allem Unternehmen mit großem Russland-Geschäft mussten gestern Einbußen an den Börsen hinnehmen: Darunter der Sportartikelhersteller und russische Marktführer Adidas, der Handelsriese Metro und der Generika-Hersteller Stada.
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