Walter Nussel: Bürokratiebeauftragter will Ehrenamtler entlasten

Bürokratiebeauftragter Walter Nussel will Ehrenamtler entlasten – und einen Praxischeck.
von  Jasmin Menrad
Walter Nussel (52) ist CSU-Landtagsabgeordneter (Erlangen-Höchstadt) und Bürokratiebeauftragter der Staatsregierung.
Walter Nussel (52) ist CSU-Landtagsabgeordneter (Erlangen-Höchstadt) und Bürokratiebeauftragter der Staatsregierung. © dpa

Der Bürokratiebeauftragte der Staatsregierung,  Walter Nussel,  will Ehrenamtler entlasten – und einen Praxischeck.

München - Handwerk, Gastronomie und ganz normale Bürger verzweifeln regelmäßig an der Bürokratie. Er will das ändern: Walter Nussel ist seit einem Jahr Bürokratiebeauftragter der Staatsregierung. Bereits 2013 hatte Horst Seehofer die sogenannte Paragrafenbremse proklamiert: Für jede neue Regelung sollte eine andere gestrichen werden. Seitdem ist die Zahl der Stammnormen von 882 auf 797 gesunken. Doch das reicht Walter Nussel nicht.

AZ: Herr Nussel, Ihr Titel klingt recht sperrig: "Beauftragter für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung". Wie kommen Sie dazu?
WALTER NUSSEL: Ich bin vor einem Jahr zum Ministerpräsidenten gegangen und habe ihm erzählt, wo ich Probleme bei Leitlinien und Verordnungen sehe. Er hielt es daraufhin für wichtig, dass diese Aufgabe in der Staatskanzlei direkt verankert wird.

Worin besteht konkret Ihre Aufgabe?
Ich berate das Kabinett und den Ministerpräsidenten und treffe mich mit Menschen und Branchen, die von Bürokratie betroffen sind. Ehrenamtliche von Vereinen etwa beklagen, dass sie mit ihrem Privatvermögen haften, wenn sie Straßenfeste bei den Behörden ordentlich anmelden. Die Menschen sollen sich doch nicht engagieren und dafür bestraft werden. Das will ich ändern.

Gibt’s schon Erfolge beim Entbürokratisieren?
Ja, eine Regelung war besonders bizarr. Wenn man als Gastronom neue Steinkrüge kaufte, musste da ein Stempel drauf, dass diese für den Ausschank von schäumenden Getränken nicht geeignet sind. Weil man ja nicht sehen kann, wie hoch die Schaumkrone ist. Das wurde jetzt unbürokratisch gelöst: An den Ausschank muss ein Messbecher, damit man nachmessen kann, wenn sich einer beschwert. Es reicht jetzt, wenn auf das Problem etwa in den Lieferscheinen hingewiesen wird.

Die EU und der Bund haben Sie sicher schon oft ausgebremst.
Ja. Beim Handwerk sind aber neun Fälle von unnötigem Bürokratismus Gegenstand des Koalitionsvertrags. Im Bauwesen haben wir ein Beispiel. Da ging es um die Lagerung von aufgefrästem Asphalt am Straßenrand – was vor einiger Zeit durch viele Auflagen praktisch verboten wurde. Ich habe hinterfragt, ob diese Lagerung Risiken birgt. Das tut sie nicht. Das sind alleine in Bayern Entlastungen in Millionenhöhe.

Haben Sie eine große Mission, ein Herzensprojekt?
Ich habe in meinem jüngsten Bericht im Kabinett einen Praxischeck angeregt, bei dem neue Richtlinien erst an einem Fallbeispiel getestet werden. Praxis ist mir überhaupt sehr wichtig. Wir müssen davon Abstand nehmen, Land und ganze Branchen mit Vorschriften zu überziehen, wenn wenige kriminell sind. Und wir müssen mehr Eigenverantwortung an Betriebe zurückgeben.

Das heißt konkret?
Beim Energiesparausweis beispielsweise schauen Architekten und Notare drauf, da brauche ich keine Stelle, die das noch zusätzlich absegnet. Die schwarzen Schafe in der Branche müssen dafür umso schärfer kontrolliert werden.

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