Waigel rechnet mit Seehofers Wahlkampf ab

Zu europafeindlich und zu negativ: Der frühere Finanzminister und Euro-Erfinder Theo Waigel findet die CSU-Linie zu Europa falsch: „Damit nimmt man die Menschen nicht mit."
von  Abendzeitung
Einer der Väter des Euros – und vehementer Kämpfer für die europäische Idee: Theo Waigel.
Einer der Väter des Euros – und vehementer Kämpfer für die europäische Idee: Theo Waigel. © dpa

MÜNCHEN - Zu europafeindlich und zu negativ: Der frühere Finanzminister und Euro-Erfinder Theo Waigel findet die CSU-Linie zu Europa falsch: „Damit nimmt man die Menschen nicht mit."

Harsche Worte von einem künftigen Ehrenvorsitzenden. Ex-CSU-Chef Theo Waigel kritisiert seine Partei sechs Wochen vor der Europawahl, sie rede Europa zu oft schlecht. „Damit nimmt man die Menschen nicht mit“, wirft er ihr vor. Er fordert die CSU auf, einen „positiven Europa-Wahlkampf“ zu führen. Waigels Drei-Punkte-Programm: Seine Partei soll Europa als Garant von Frieden und wirtschaftlicher Sicherheit preisen. Und als Gegenmodell zu den USA darstellen.

Der AZ sagte Waigel: „Man darf nicht in die Versuchung fallen, zu sehr das Negative herauszuholen. Wir sind in der Gefahr, dass wir bei Veranstaltungen zunächst einmal alles auf Brüssel schieben und sagen: Brüssel ist Schuld. Erst am Schluss erklären wir, dass es aber keine Alternative zu Europa gibt.“ Das reiche nicht.

CSU-Chef Horst Seehofer setzt mehr auf die Europa-Skeptiker - und zwei Themen, die für Polarisierung sorgen: die Türkei-Frage. Und auf Volksabstimmungen bei EU-Entscheidungen.

"Frieden muss bekämpft werden"

Waigel dagegen fordert einen Sympathie-Wahlkampf. „Wir müssen die positiven Dinge in den Mittelpunkt stellen.“ Man müsse den Menschen sagen, was Europa erreicht habe. „Erstmals in seiner Geschichte ist Deutschland von Partnern und Freunden umgeben.“ Waigel: „Ich glaube, wir müssen der jüngeren Generation immer wieder sagen, dass der Frieden nicht etwas Gottgegebenes, Immerwährendes ist. Er muss täglich bewahrt, erkämpft und verteidigt werden. Das geht nur mit Europa.“

Als zweites Hauptthema führt der ehemalige Bundesfinanzminister die Wirtschaftskrise an: „Europa hat in den letzten Monaten Handlungsfähigkeit bewiesen wie nie zuvor. Der Euro hat uns vor weiteren Turbulenzen bewahrt und geschützt.“ Er fordert für die EU eine gemeinsame Finanzaufsicht, um künftig Turbulenzen zu verhindern.

Waigel rät der CSU, Europa von den USA abzukoppeln. „Wir müssen selbstbewusst unser europäisches Modell der sozialen Marktwirtschaft und einer vernünftigen Freiheitsordnung herausstellen gegenüber dem Modell der Vereinigten Staaten. Und wir werden feststellen, dass viele Regionen in Mittel- und Südamerika, in Asien, in Afrika, am Golf unser Modell viel attraktiver finden als das der Vereinigten Staaten Amerika.“

Das alles müsse die CSU den Menschen erklären. Waigel: „Dann müsste es mit dem Teufel zu gehen, wenn sich das bei der Europawahl nicht positiv auswirkt und die CSU stärker macht.“

Angela Böhm

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