Wahlforscher: Bundestag könnte über 900 Abgeordnete zählen

Mit 709 Abgeordneten hat der Bundestag bereits ein XL-Format. Daraus könnte bei der Wahl am Sonntag eine XXL-Größe werden. Entscheidend wird die Verteilung der Erst- und Zweitstimme sein.
dpa |
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Mehr als zwei Drittel der Deutschen halten den Bundestag mit seinen jetzt schon 709 Mitgliedern für zu groß.
Mehr als zwei Drittel der Deutschen halten den Bundestag mit seinen jetzt schon 709 Mitgliedern für zu groß. © Fabian Sommer/dpa
Berlin

Der nächste Bundestag, der an diesem Sonntag gewählt wird, könnte nach Berechnungen des Wahlforschers Robert Vehrkamp mehr als 900 Abgeordnete groß werden.

Auf der Basis des letzten ZDF-"Politbarometers" vor der Wahl vom Donnerstag berechnete der Wissenschaftler von der Bertelsmann Stiftung eine Bandbreite von 672 bis 912 Mandaten. In einem mittleren Szenario kommt er auf 810 Abgeordnete. Derzeit zählt der Bundestag 709 Abgeordnete und ist damit schon so groß wie nie zuvor.

Mehr als zwei Drittel der Deutschen halten dies bereits für zu groß. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 71 Prozent, dass dem Parlament zu viele Abgeordnete angehörten. 11 Prozent sagten, sie hielten die Anzahl der Sitze für genau richtig. Nur 3 Prozent meinten, der Bundestag müsse vergrößert werden.

Die Forschungsgruppe Wahlen ermittelte für das "Politbarometer" folgende Umfragewerte: SPD 25 Prozent, CDU/CSU 23, Grüne 16,5, FDP 11, AfD 10 und Linke 6 Prozent.

Die drei Szenarien unterschieden sich ausschließlich durch unterschiedliche Annahmen zum Splitting von Erst- und Zweitstimmen, sagte Vehrkamp der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dieses Splitting-Verhalten lasse sich nur sehr schwer prognostizieren.

Das mittlere Szenario mit 810 Abgeordneten ist Vehrkamp zufolge aber keineswegs extrem. Es geht nach seiner Darstellung davon aus, dass knapp die Hälfte derjenigen Wählerinnen und Wähler, die mit der Zweitstimme FDP wählen, ihre Erststimme der Union geben, und dass gleichzeitig die Unions-Wähler dies wie üblich zu mehr als 80 Prozent mit beiden Stimmen tun. Bei der Bundestagswahl 2013 hätten 63 Prozent aller FDP-Wählerinnen und -Wähler zugunsten der Union gesplittet.

Die Normgröße des Bundestags liegt bei 598 Abgeordneten - 299 per Erststimme in den Wahlkreisen direkt gewählte Parlamentarier und 299 über die Landeslisten einziehende Abgeordnete. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate steigt diese Zahl jedoch.

Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei mehr Direktmandate erzielt als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Die Parteien dürfen diese Überhangmandate behalten. Damit sich die über das Zweitstimmenergebnis ermittelten Mehrheitsverhältnisse trotzdem tatsächlich im Bundestag abbilden, erhalten die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.

Bei der Bundestagswahl 2017 kam es zu 46 Überhang- und 65 Ausgleichsmandaten, vier Jahre zuvor waren es nur 4 Überhang- und 29 Ausgleichsmandate gewesen. Die Überhangmandate verteilten sich 2017 so: CDU 36, CSU 7, SPD 3. Dafür gab es diese Ausgleichsmandate: SPD 19, FDP 15, AfD 11, Linke 10, Grüne 10. Erst seit der Bundestagswahl 2013 werden alle Überhangmandate vollständig durch Ausgleichsmandate kompensiert.

© dpa-infocom, dpa:210925-99-351716/5

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4 Kommentare
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  • Fußball-Fan am 25.09.2021 14:50 Uhr / Bewertung:

    Ja, da kann man vor allem der CSU danken. Sie war gegen eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages. Andere Parteien stehen der Reform wohlwollend gegenüber. Selbst die CDU. Danke, Herr Söder, danke liebe CSU, für noch mehr Politiker im Bundestag, für noch mehr Millionen Euros an Kosten für das Parlament. Wer die CSU wählt, hat nichts gegen einen noch größeren Bundestag einzuwenden.

  • Der wahre tscharlie am 25.09.2021 15:39 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Fußball-Fan

    Da muß ich dir zustimmen!
    "SZ" vom 29.Januar 2020. Titel: "csu-blockiert-verkleinerung-bundestag"
    Alleine schon, wie in dem Artikel von Dobrinth teilweise argumentiert wird..... grinsen

  • Bongo am 26.09.2021 13:00 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Logisch, daß Parteien, die bei einer Wahlrechtsreform nichts oder nur wenig zu verlieren haben, dafür sind.Die CSUhätte auf Grund ihrer vielen Direktmandate viel zu verlieren und ist deshalb verständlicherweise dagegen.

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