Wahlen in Großbritannien: Die Drei von der Insel

Am Donnerstag wählen die Briten: Kaum einer wettet noch auf Brown, alle sind angetan vom smarten Clegg. Und am Ende könnte der lachende Dritte doch der Favorit sein: David Cameron
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Sein Stuhl wackelt: Gordon Browns Wiederwahl ist ungewiss.
dpa Sein Stuhl wackelt: Gordon Browns Wiederwahl ist ungewiss.

LONDON - Am Donnerstag wählen die Briten: Kaum einer wettet noch auf Brown, alle sind angetan vom smarten Clegg. Und am Ende könnte der lachende Dritte doch der Favorit sein: David Cameron

Das war am Dienstag wieder einer jener typischen Auftritte von Gordon Brown: Ja, sagte der wahlkämpfende Premierminister: Wenn seine Labour Party am Donnerstag die Wahl verliere, dann übernehme er „die volle Verantwortung“. Brown: „Dann würde ich gehen und etwas anderes machen.“

Da war es wieder, das Bild vom mürrischen und im Amt unglücklichen Regierungschef, das die Briten seit Browns Amtsantritt 2007 schon so oft vor Augen hatten. Mögen andere Laune verbreiten – Brown grantelt. Oder er leistet sich schwere Patzer wie neulich. Da vergaß er nach einem Wahlkampfauftritt mit einer Rentnerin, dass das Mikrofon noch an war. Und bezeichnete sie im vermeintlich diskreten Gespräch mit einem Mitarbeiter als „verbohrte Fanatikerin“. Das Fernsehen wiederholte die Szene immer wieder. Und Brown hatte wieder eine Wählerin weniger, mindestens.

Wahlkampf in Großbritannien, der erste nach der Ära Tony Blair, der spannendste, den das Königreich je erlebt hat. Und der erste, der am Ende vielleicht nicht nur einen neuen Premier bringt, sondern ein neues politisches System mit dazu. Bisher hatte das Land stets nur die Wahl zwischen der linken Labour und den rechten Tories. Dafür sorgte schon das britische Wahlrecht.

Nun aber mischt neben Brown und seinem konservativen Herausforderer David Cameron noch ein Dritter mit: Nick Clegg von den liberalen Demokraten. Der ist smart, gut aussehend und noch dazu unbelastet vom großen Spesenskandal, in den Labour- und Tory-Abgeordnete gleichermaßen getaumelt waren. Die Chancen stehen also gut, dass Clegg zum Königsmacher wird. Und vielleicht sogar zum neuen Regierungschef.

Das Land spürt den möglichen Umbruch, und in den Wahlkampfzentralen vibriert die Luft. Selten zuvor dürfte ein Land ein derart geballtes Auftreten strahlender Politiker in bester Laune erlebt haben. Selbst Brown gibt sich alle Mühe, und so ist auf der Insel kein Pubbesucher, kein Frührentner, kein Neugeborenes sicher vor einer plötzlich anrückenden Wahlkampfarmada. Es ist, also ob Brown, Clegg und Cameron sich vorgenommen hätten, jedem Inselbewohner die Hand zu schütteln – ein seltsamer Kontrast zur unterkühlten britischen Lebensart.

Zuletzt musste vor allem Cameron um den schon als sicher geglaubten Wahlsieg zittern. Denn Clegg gibt den Strahlemann, der der Tory-Chef gern sein will, noch ein bisschen jugendlicher. Die Umfragen, wegen des Wahlrechts mit Vorsicht zu genießen, zeigen die Konservativen bislang leicht in Führung. Auch bei den Zeitungen, die sich in Großbritannien traditionell für einen der Kandidaten aussprechen, hat er viel Unterstützung. So könnte es am Ende zu einer Koalition zwischen Cameron und Clegg kommen. Oder doch zwischen Clegg und Brown? Ausgeschlossen ist an diesem Donnerstag gar nichts.

Frank Müller

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.