Wahlen in Berlin: SPD siegt, FDP fliegt

Wahl in Berlin: Die FDP ist aus einem weiteren Landesparlament ausgeschieden. Dafür hissen die Piraten ihre Flagge: Sie haben es ins Berliner Abgeordnetenhaus geschafft.
dpa |
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Berlin - Klaus Wowereit kann in Berlin weiterregieren, die SPD hat die Abgeordnetenhauswahl trotz leichter Verluste klar gewonnen. Rot-Rot aber ist nach zwei Wahlperioden am Ende.

Die FDP flog mit ihrem schlechtesten Ergebnis seit der Wiedervereinigung aus dem Landesparlament - schon ihr fünfter Patzer in diesem Jahr. Der Piratenpartei gelang dagegen mit dem souveränen Einzug ins Parlament ihr bislang größter Triumph. Infolge deutlicher Zugewinne der Grünen und eines schlechten Ergebnisses der Linken deutet vieles auf eine rot-grüne Koalition hin. Möglich ist aber auch eine große Koalition mit der CDU, die leicht zulegte. Rot-Rot könnte nur zusammen mit der Piratenpartei weiterregieren.

Die Hochrechnungen von ARD und ZDF (Stand 18.45) sahen die SPD bei 28,5 bis 29,3 Prozent (2006: 30,8). Die CDU wurde zweitstärkste Kraft mit 23,2 bis 23,5 Prozent (2006: 21,3). Dahinter liegen die Grünen mit 18,1 bis 18,3 Prozent (2006: 13,1), die Linke mit 11,5 Prozent (2006: 13,4) und die FDP mit 1,8 bis 2,0 (2006: 7,6). Die Piratenpartei kam mit 8,5 bis 8,8 Prozent aus dem Stand heraus sicher über die Fünf-Prozent-Hürde. Daraus ergibt sich folgende Sitzverteilung: SPD 47 bis 48, CDU 38, Grüne 30, Linke 19 und Piratenpartei 14 bis 15.

Die Wahlbeteiligung lag mit gut 59 Prozent leicht über dem Wert von 2006 (58,0). Zur Wahl aufgerufen waren 2,47 Millionen Bürger. Parallel zum Landesparlament wurden auch die Kommunalvertretungen neu bestimmt.

Die SPD war damit auch in der letzten der insgesamt sieben Landtagswahlen in diesem Jahr erfolgreich. Wowereit siegte bereits zum dritten Mal. Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Meyer verpasste den Wiedereinzug und ist jetzt nur noch in 11 Landesparlamenten vertreten. Auch die Ablösung von Guido Westerwelle als Parteichef durch Philipp Rösler half den Liberalen nicht, die im Wahlkampf zuletzt die Eurokrise in den Mittelpunkt gerückt hatten. Die CDU unter Frank Henkel legte zu und setzte einen versöhnlichen Schlusspunkt unter das von vielen Pleiten geprägte Superwahljahr.

Die Grünen, die sich mit ihrer Spitzenkandidatin Renate Künast wegen exzellenter Umfragewerte lange Zeit Hoffnung auf den Posten des Regierungschefs gemacht hatten, können allenfalls Juniorpartner der SPD werden. Künast hat angekündigt, dass sie dann Vorsitzende der Bundestagsfraktion bleiben und nicht in die Landespolitik wechseln will. Die Linke muss mit ihrem zweitschlechtesten Ergebnis seit der Wiedervereinigung wieder in die Opposition. Die Piratenpartei, die in diesem Jahr nie über 2,1 Prozent hinausgekommen war, ist nun erstmals in einem Landesparlament vertreten.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte am Abend: "Der Regierungsauftrag liegt bei der SPD." Die Bundes-SPD werde keine Ratschläge zur Koalition geben. Die Grünen meldeten den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung an. "Wir wollen die Zukunft Berlins organisieren", sagte Spitzenkandidatin Künast. Auch Grünen-Bundeschef Cem Özdemir forderte Wowereit zu einem rot-grünen Bündnis auf: "Wowereit muss entscheiden: Will er Veränderung, oder will er Stillstand haben."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier (CDU) sagte zu den leichten CDU-Gewinnen: "Das ist auch Ermunterung für den Kurs der Bundes-CDU und von Bundeskanzlerin Angela Merkel." Er plädierte für eine große Koalition aus SPD und CDU. Linke-Spitzenkandidat Harald Wolf räumte ein, dass seine Partei ihr Wahlziel verfehlt habe. Die Linke werde nun eine "machtvolle Opposition" sein. Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, sagte: "Das ist ein historischer Tag für die Piratenpartei und für Deutschland."

Die Abgeordnetenhauswahl 2006 hatte die SPD mit 30,8 Prozent sehr deutlich vor der CDU mit 21,3 Prozent gewonnen. Die Linke landete mit 13,4 Prozent knapp vor den Grünen mit 13,1 Prozent. Die FDP erzielte 7,6 Prozent, die sonstigen Parteien 13,7 Prozent. Die Verteilung der 149 Sitze im Landesparlament sah 2006 so aus: SPD 53, CDU 37, Grüne 23, Linke 23, FDP 13.

Berlin wurde in den vergangenen beiden Wahlperioden von einer rot-roten Koalition regiert. In dieser Zeit bekam der Senat die Probleme der Hauptstadt, die zum Teil auch die Folge jahrzehntelanger Teilung sind, trotz Spar- und Reformbemühungen nicht in den Griff.

Das Land ist mit knapp 64 Milliarden Euro verschuldet. Mit 13,3 Prozent hat es die höchste Arbeitslosigkeit in Deutschland. Berlin zählt die meisten Hartz-IV-Empfänger. Bilder von brutalen Überfällen in U-Bahnhöfen und von brennenden Autos schockieren auch über die Landesgrenzen hinaus. Diese Probleme bestimmten auch den insgesamt eher müden Wahlkampf.

Auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat hat der Wahlausgang keine Auswirkungen. Bisher zählten die vier Stimmen Berlins zum Oppositionslager. Auch nach der Wahl werden sie nicht ins Regierungslager wechseln.

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