Wahlaufruf gegen SPD: Ärger um Clement
Helle Aufregung in der SPD kurz vor den Landtagswahlen am kommenden Wochenende: EX-SPD-Bundesminister Clement hat indirekt vor einer Wahl seiner Parteikollegin Ypsilanti in Hessen gewarnt - und damit Forderungen nach einem Parteiaustritt provoziert.
Der frühere SPD-Vize und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat indirekt vor einer Wahl der SPD in Hessen gewarnt und damit scharfe Kritik ausgelöst. Clement griff die Energiepolitik der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti in einem Beitrag für die «Welt am Sonntag» scharf an. Daraufhin forderte der von ihr für den Fall eines SPD-Sieges in einer Woche designierte Wirtschafts- und Umweltminister Hermann Scheer Clement zum Austritt aus der Partei auf. Die Jusos drohten mit einem Ausschlussverfahren. Kritik kam auch von den hessischen Grünen.
Clement warnt in seinem Beitrag vor der Ankündigung Ypsilantis, in Hessen auf alternative Energien setzen und weder Atom- noch neue Kohlekraftwerke zulassen zu wollen. «Wer es wie sie will, der muss sich klar sein: Das geht nur um den Preis der industriellen Substanz Hessens.» Weil Ypsilanti wohl darüber hinausdenke, gelte dies auch für ganz Deutschland. «Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht.» Clement ist 2005 aus der aktiven Politik ausgeschieden. Seitdem arbeitet er für Unternehmen, unter anderem im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG.
«Lobbyist für den Energiekonzern»
Der Bundestagsabgeordnete und Umweltpolitiker Scheer sagte, der ehemalige Regierungschef von Nordrhein-Westfalen sei inzwischen «Lobbyist für den Energiekonzern RWE (...) und die Kritik am hessischen SPD-Programm seinem neuen Arbeitgeber schuldig». Clement missbrauche seine frühere Rolle in der SPD, «indem er diese nun als bezahlter Lobbyist in klingende Münze umsetzt». Dies sei aber nicht überraschend, denn schließlich gehe es in Hessen um das von der SPD unterstützte Abschalten der zu RWE gehörenden Atomreaktoren Biblis A und B, während Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die Laufzeiten verlängern wolle. «Wenn Clement noch einen Rest-Charakter hat, sollte er den von ihm schon selbst in Aussicht gestellten Parteiaustritt vollziehen.»
«Maß an Illoyalität ist unglaublich»
Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel sagte am Abend bei einer Klausurtagung der SPD-Jugendorganisation in der Nähe von Kassel: «Das Maß der Illoyalität Clements gegenüber seiner eigenen Partei ist mehr als unglaublich.» Offenbar habe sich der Ex-Minister zwischen Atomlobby und SPD klar gegen die Sozialdemokratie entschieden. «Das kann nur heißen: Er muss seiner eigenen Ankündigung von Dezember nachkommen und aus der SPD austreten. Anderenfalls kann man ihm diesen Schritt auch abnehmen.» Der hessische Grünen-Chef Tarek al-Wazir sagte nach Angaben einer Sprecherin in Wiesbaden, eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke Biblis A und B um drei Jahre würde für RWE zusätzliche Einnahmen von 3 bis 3,5 Milliarden Euro bedeuten. «Schlimm genug, wenn sich sozialdemokratische Politiker nach dem Ende ihrer Amtszeit von der Energiewirtschaft kaufen lassen. Selten hat es einer so deutlich gezeigt wie Wolfgang Clement.» (dpa)
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