Wahl-Lügen
München - Wie bitte, Herr Brüderle? Ist gar nicht richtig ernst gemeint mit dem schönen, tollen Atom-Moratorium von Frau Merkel? Alles nur Wahlkampf? Also sowas. Und wir hatten doch wirklich gedacht...
Und jetzt mal im Ernst: Allmählich weiß man nicht mehr, worüber man sich mehr ärgern soll. Über die Chuzpe, mit der uns die Regierung weismacht, eine Drei-Monats-Denkpause samt Ethikkommission könne das Jahrhundertproblem Energieversorgung lösen.
Oder über die Beteuerungen, mit Wahlkampf und der Schicksalswahl von Baden-Württemberg habe dieses Moratorium überhaupt nichts zu tun. Hallo Berlin? Für wie doof haltet Ihr uns? In Wahrheit ist es so: Wir Bürger haben überhaupt kein Problem damit, wenn umstrittene Fragen zum Wahlkampfthema werden.
Genau dort nämlich gehört ein Streit wie der ums Atom hin. Wohin denn sonst? Ein Thema erregt das Land, die Parteien machen Vorschläge, wir entscheiden – das ist Demokratie, fertig. Das eigentlich Ärgerliche an der Brüderle-Posse ist der Zynismus. Die Geschichte zeigt, wofür uns die Politik wirklich hält: für Stimmvieh, das an der Wahlurne für dumm zu verkaufen ist.
Es gibt also zwei Arten von Politik, lautet die Botschaft: eine nicht so ernst gemeinte für Wahlkampfzeiten. Und eine, die die Politiker machen, wenn das Volk nicht mit lästigen Wahlen stört. Für diese Zumutung wird es eine Quittung geben. Gleich am Sonntag, bei den Wahlen.
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