Vorstellung des Steuerkonzepts: Bringt Scholz Schulz ans Ziel?

Große Worte sind seine Sache nicht, Pathos liegt ihm fern. Olaf Scholz ist als Person so wie die Stadt, an deren Spitze er seit sechs Jahren steht – hanseatisch unaufgeregt und nüchtern, aber durchsetzungsstark.
Doch als Scholz vergangenen Montag an der Seite von SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz das Steuerkonzept seiner Partei vorstellte, gab er für einen Moment seine gepflegte Zurückhaltung auf und wurde deutlich. Wer glaube, er könne noch bis zum Jahre 2030 den Solidaritätszuschlag erheben, täusche sich und solle mal die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis nehmen. "Für einen unveränderten Soli gibt es ab 2020 keine Grundlage mehr." Ein schrittweises Abschmelzen über einen Zeitraum von zehn Jahren sei "verfassungswidrig", das müsse schneller gehen. "Wer sich um das Thema Soli herumdrückt, kann kein seriöses Steuerkonzept vorlegen."
Jeder im Willy-Brandt-Haus wusste, wen der SPD-Vize sowie Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg mit diesen Ausführungen meinte: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Mit wenigen Sätzen zerpflückte er das Konzept des starken Mannes der Regierung Merkel, noch bis 2030 den Soli erheben zu wollen. Und damit es auch wirklich der Letzte verstand, legte Scholz an anderer Stelle nach: "Der Soli wird nicht dauerhaft erhoben werden können."
Wohin führt der Weg?
Auf gut Deutsch: Seine Pläne kann der Finanzminister getrost vergessen. Und damit Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenfalls.
Auch wenn sich Olaf Scholz bei der Präsentation des Steuerkonzepts zurückhielt und Kanzlerkandidat Martin Schulz den Vorrang überließ, war unübersehbar, welch’ zentrale Rolle der Hanseat mittlerweile in der SPD spielt. Ohne ihn – erst recht gegen ihn – geht bei den Sozialdemokraten nichts.
Ob Steuer- oder Rentenkonzept, Länderfinanzausgleich oder Organisation des Parteitags am Sonntag in Dortmund – in der SPD sind sie sicher: "Der Olaf wird’s schon machen." Scholz wird längst für höhere Aufgaben gehandelt. Sollte es nach der Wahl zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommen, könnte er Finanzminister werden. Und sollte die SPD nach einer Niederlage gar einen neuen Vorsitzenden brauchen, geht wohl kein Weg mehr an ihm vorbei.
Streit um Vermögensteuer
Die SPD-Linken können mit ihrer Forderung nach Wiedereinführung einer Vermögensteuer beim Bundesparteitag nicht auf Unterstützung hoffen. Mehrere SPD-Landesverbände favorisieren das Steuerkonzept von SPD-Chef sowie Kanzlerkandidat Martin Schulz und lehnen den Vorstoß von Parteilinken und Jusos ab, die Vermögensteuer ins Wahlprogramm zu nehmen.
Das ergab eine Umfrage vor dem SPD-Parteitag. Am langfristigen Ziel einer Vermögensteuer wird aber festgehalten. Am Sonntag soll ein Parteitag in Dortmund das SPD-Wahlprogramm beschließen. Das kürzlich vorgelegte Steuerkonzept sieht keine Vermögensteuer vor. Stattdessen sollen große Erbschaften stärker belastet werden. Auch Top-Verdiener möchte man stärker zur Kasse bitten.
Lesen Sie auch: AZ-Interview - CSU-Europapolitiker Weber: "Bei den Briten herrscht Chaos"