Vorerst versemmelt

Die AZ-Redakteurin Annette Zoch schreibt in der Abendzeitung über den neuen Beraterjob von Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg.  
von  Annette Zoch

Freundlich könnte man den Comebackversuch von Ex-Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg so umschreiben: Vorerst versemmelt! Zuerst sein seltsamer Auftritt in Halifax, mit populistischem Rundumschlag gegen die loyale Heimatpartei und die von ihm lange mitgetragene schwarz-gelbe Politik.

München - Dann das Interview-Buch, eine als Reuebekenntnis getarnte Selbstverherrlichungs-Erklärung, die in der öffentlichen Wahrnehmung komplett nach hinten losgegangen ist. Und jetzt wird er also auch noch Internet-Berater der EU-Kommission. Ausgerechnet! Wenn Guttenberg tatsächlich ein politisches Comeback plant (was er natürlich weit von sich weist), dann fragt man sich spätestens jetzt: Wie schlecht beraten ist dieser Mann eigentlich? Was reitet ihn?

Mit der neuen Aufgabe erweist Guttenberg sich selbst und auch der Sache keinen Gefallen. Das Internet beherbergt nämlich nicht nur Material für Doktorarbeiten. Es ist eine gewaltige Kraft und gerade für Menschen in Diktaturen die einzige Möglichkeit, Informationen auszutauschen und sich zu sammeln. Und was tut die EU konkret gegen Diktaturen und Schreckens-Regime? Lange genug hat sie sie schweigend toleriert.

Die vom Tode bedrohten Blogger in Syrien haben bestimmt nicht auf einen Berater der EU-Kommission gewartet, der ihnen jetzt endlich mal was zum Thema freies Netz erzählt. Übrigens egal, wie dieser Berater heißt. Aber wenn der das nur macht, um sich zu profilieren – um so schlimmer.

 

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