Vor Koalitionsgipfel: Debatte um Steuersenkungen

 Kurz vor dem Koalitionsgipfel am Sonntag wird weiter heftig über die geplante Steuerentlastung gestritten. FDP- Generalsekretär Christian Lindner forderte von der Union, sich auf eine klare Position zu einigen.
von  dpa

Berlin -"Die CDU will die kalte Progression über den Steuertarif reduzieren. Die CSU setzt auf den Solidaritätszuschlag. Die Union muss klären, was sie will." Auch die Kombination verschiedener Maßnahmen, etwa über Freibeträge, sei denkbar, sagte Lindner.

Angesichts der Eurokrise ist es nach Ansicht der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Ursula von der Leyen, überhaupt nicht sicher, dass es noch in dieser Legislaturperiode überhaupt zu nennenswerten Steuersenkungen kommt. Der "Bild am Sonntag" sagte die Arbeitsministerin, Steuersenkungen seien nicht das wichtigste Thema. "Das dominierende Thema für die Zukunft unseres Landes ist und bleibt Europa." Millionen Arbeitsplätze hingen vom Fortbestehen der Eurozone ab.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach sich erneut strikt gegen eine Senkung von Steuern und Abgaben aus. "Die Diskussion ist verfehlt und sollte sofort beendet werden", sagte er der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag). Stattdessen müssten die brisanten finanz- und währungspolitischen Fragen angegangen werden.

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich vorgenommen, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Die CDU favorisierte zuletzt eher eine Reform der Einkommensteuer, damit Lohnerhöhungen nicht größtenteils vom Fiskus wieder kassiert werden (kalte Progression). CSU und FDP wollen hingegen eher eine Entlastung über den Solidaritätszuschlag. Als Alternative wird auch über eine Entlastung bei Energie- oder anderen Verbrauchssteuern nachgedacht.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles schloss auch angesichts verbesserter Steuereinnahmen aus, dass ihre Partei Steuersenkungen in dieser Wahlperiode unterstützt. "Mögliche höhere Steuereinnahmen müssen in den Schuldenabbau und in Zukunftsinvestitionen gesteckt werden", sagte sie den "Stuttgarter Nachrichten" (Samstag). Alles andere sei unseriös. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte am Samstag: "Das Gezerre um die Steuersenkungen verkommt zu einem unerträglichen Basar. Die Koalition ist auf der Ebene des Schlussverkaufs angekommen."

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich für einen Abbau der kalten Progression aus, forderte in der "Welt" aber zugleich weitere Sparanstrengungen. "Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte hat für mich unverändert oberste Priorität".

Das deutsche Handwerk dringt weiter auf eine Entlastung bei der Einkommensteuer. Bei der Dämpfung der kalten Progression gehe es um eine Frage der Steuergerechtigkeit, sagte der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, der "Braunschweiger Zeitung" (Samstag).

Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Ernst Hinsken (CSU), warnt hingegen vor Steuerentlastungen. "So wünschenswert Steuersenkungen für jeden einzelnen Mitbürger wären, so sind sie für den Bundeshaushalt mit dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Volumen von sechs bis sieben Milliarden Euro jährlich zurzeit nicht der richtige Weg", sagte Hinsken der "Passauer Neuen Presse" (Samstag).

Auch der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis, sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag): "Die Leute sind beunruhigt durch die Schuldenkrise in Europa und die Probleme in Griechenland, da passt eine Steuersenkung nicht ins Bild."

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