Vor dem Rauswurf

Angeblich hat die Bundesbank seine Entlassung schon beschlossen – gesucht wird noch ein Weg, wie man ein Wieder-Einklagen verhindert
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Thilo Sarrazin
dpa Thilo Sarrazin

FRANKFURT/MAIN - Angeblich hat die Bundesbank seine Entlassung schon beschlossen – gesucht wird noch ein Weg, wie man ein Wieder-Einklagen verhindert

Noch kämpft er – aber die Zeichen stehen gegen ihn: Thilo Sarrazin steht bei der Bundesbank vor dem Rauswurf. Eine stundenlange Sondersitzung des Vorstands dauerte bei Redaktionsschluss noch an, doch es sickerte bereits durch, dass die übrigen Vorstände entschlossen sind, sich von ihrem Kollegen mit den umstrittenen Thesen zu trennen. Nur wie?

Laut „Berliner Zeitung“ geht es nicht mehr ums Ob, sondern nur noch ums Wie. Es drehe sich nun darum, wie man Sarrazins Chancen bei einer Klage gegen den Rauswurf minimieren könne. Anders als beim letzten Versuch von Bank-Chef Axel Weber, Sarrazin zu entlassen (Anlass waren damals die „Kopftuchmädchen“), seien diesmal alle anderen vier Vorstände der Meinung, dass Sarrazin nicht mehr bleiben kann. „Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende“, wird einer mit Verweis auf die noch bis 2014 laufende Amtszeit zitiert.

Auch nach Informationen der FAZ setzt der Bundesbank-Vorstand auf einen Rücktritt. Noch werde derzeit in den Verhandlungen versucht, Sarrazin zu einem freiwilligen Rücktritt zu drängen – so, wie es nach der Hotel-Affäre mit Ernst Welteke der Fall war. So wurde auch der Aufschub erklärt, als am Mittwoch eine Entscheidung vertagt wurde – offensichtlich wollte man Sarrazin Bedenkzeit geben, womöglich setzt man auch auf wachsenden Druck. Sarrazin selbst sagte beim ARD-Talk „Hart aber fair“: „Was an psychischem Druck auf mir lastet, ist beachtlich.“ Er sei aber robust genug. Zu einem Rücktritt erklärte er:

„Die Amtszeit ist begrenzt. Wann die Begrenzung ist, wird die Zukunft zeigen.“ Bisher macht er aber keinerlei Anstalten, freiwillig zu gehen – das zieht die Gespräche so in die Länge.

Denn ein Rauswurf gegen seinen Willen birgt aus Sicht der Bundesbank zahlreiche Risiken. Wenn Sarrazin versucht, sich wieder einzuklagen – und das hat er nach Angaben aus Bundesbank-Kreisen fest vor –, ist es für alle Seiten juristisches Neuland, weil die Kündigungsregeln für Bundesbankvorstände „katastrophal vage formuliert“ sind, wie ein Arbeitsrechtler klagt. Entsprechend geteilt sind die Meinungen unter Experten: Einige halten es für denkbar, dass Sarrazins Äußerungen für eine Kündigung ausreichen. Andere sagen, dass dazu ein schwereres Vergehen vorliegen müsse: etwa ein finanzieller oder klar belegbarer anderer Schaden für die Bank. Verwaltungsrechtsprofessor Ulrich Battis: „Nach heutigem Stand würde er eine Klage gewinnen.“ Allerdings forderte auch Bundespräsident Christian Wulff die Bundesbank indirekt auf, Sarrazin zu entlassen: „Ich glaube schon, dass der Vorstand der Bundesbank einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet, vor allem auch international.“ Er müsste eine Entlassung absegnen.

Sarrazin selbst hatte sich am Vorabend in der ARD-Sendung verteidigt. Er nahm seine These „Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen“ zwar zwischenzeitlich zurück: „Das war ein Riesenunfug.“ Er wisse auch nicht, wie er zuerst auf Juden gekommen sei, er hätte auch Ostfriesen oder Isländer sagen können. Allerdings wiederholte er die These in der Sendung später inhaltlich mehrere Male. Besonders harsche Auseinandersetzungen lieferte er sich mit Michel Friedman – den er laut „Bild“ schon zuvor „Arschloch“ genannt hatte. Live sagte Sarrazin zu Friedman, er sei „nicht sehr intelligent“, jedenfalls nicht intelligent genug, um sein Buch zu verstehen. So stoisch er sonst seine Thesen verteidigt – mitunter spürt man, dass die Nerven dünner werden.

tan

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