Von Guantánamo nach Deutschland

Sie sind unschuldig, laut US-Regierung ungefährlich – und seit sieben Jahren eingesperrt, im Gefangenenlager Guantánamo. 50 Häftlinge sollen entlassen werden – doch nur, wenn sie ein Land aufnimmt. In Berlin wird der Streit um die Häftlinge schärfer.
von  Abendzeitung

BERLIN - Sie sind unschuldig, laut US-Regierung ungefährlich – und seit sieben Jahren eingesperrt, im Gefangenenlager Guantánamo. 50 Häftlinge sollen entlassen werden – doch nur, wenn sie ein Land aufnimmt. In Berlin wird der Streit um die Häftlinge schärfer.

Denn die 50 Insassen werden in ihren Heimatländern verfolgt. So wie die bis zu zehn Uiguren aus China, die Deutschland nun aufnehmen soll. Das sorgt für Streit in der Koalition: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) plädiert aus humanitären Gründen für die Aufnahme der Gefangenen, während Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) Sicherheitsbedenken ins Feld führt.

"Deutschland hat Guantánamo nicht errichtet und auch nicht betrieben.“

Unions-Bundestagsfraktionsvize Wolfgang Bosbach fragt sich, warum Deutschland die Häftlinge überhaupt aufnehmen soll: „Ich sehe die USA weiter in der Verantwortung. Deutschland hat Guantánamo nicht errichtet und auch nicht betrieben.“Bosbach weiter: „Wenn jemand völlig unschuldig in Guantánamo ist, dann stellt sich die Frage, warum er nicht längst entlassen wurde?“

„Es gibt seit sieben Jahren keine Anklage gegen diese Häftlinge.“

Die Sicherheitsbedenken wischt der Sprecher von Amnesty International Deutschland, Ferdinand Muggenthaler, vom Tisch: „Es gibt seit sieben Jahren keine Anklage gegen diese Häftlinge.“ Er vermutet eher Angst vor Repressionen aus China hinter der ablehnenden Haltung.

Denn den 17 Angehörigen des Turkvolkes, die seit 2002 in Guantánamo inhaftiert sind, wird vorgeworfen, der Islamischen Bewegung Ostturkestan anzugehören. Die wird von Peking als terroristische Vereinigung angesehen, da sie die Autonomie für die Uiguren will. Muggenthaler: „Albanien hat einen Uiguren aufgenommen und seitdem diplomatische Probleme mit China.“ Es sei „ein Gebot der Menschlichkeit und der politischen Klugheit, jetzt diese Häftlinge aufzunehmen“. Denn auch Deutschland werde als „Teil des Westens“ für die Außenpolitik der USA verantwortlich gemacht.

„Wir werden uns sicherlich nicht bewerben um die Aufnahme dieser Leute.“

Doch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bleibt hart: „Wir werden uns sicherlich nicht bewerben um die Aufnahme dieser Leute.“ Von über 600 Uiguren in Deutschland leben rund 500 in München. Dagegen fordern SPD, die Linke und die Grünen von der Bundesregierung die Aufnahme der Häftlinge. Und SPD-Außenpolitiker Niels Annen appelliert an die Union, die Häftlinge aus dem Wahlkampf herauszuhalten. mai

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