„Vielleicht suche ich mir ein WG-Zimmer“
MÜNCHEN - Nicole Gohlke (33) von der Linken hat es in den Bundestag geschafft – ganz wider Erwarten. In der AZ spricht sie über die überraschende Wahl, die strauchelnde SPD und ihr neues Leben zwischen Berlin und München.
Die Münchner SPD wird im neuen Bundestag mit keinem einzigen Kandidaten vertreten sein. Ganz im Gegensatz zur Linken. Die AZ hat mit Nicole Gohlke gesprochen, die bei der Bundestagswahl ein Ticket nach Berlin bekommen hat – ohne damit zu rechnen.
AZ: Sie haben für die Linke den Einzug in den Bundestag geschafft – eine Riesen-Überraschung, oder?
NICOLE GOHLKE: Allerdings. Ich hatte nicht damit gerechnet. Unser Ziel war, die Fünf-Prozent-Hürde in Bayern zu knacken. Aber wir sind nicht davon ausgegangen, dass das so locker geschafft wird.
Das heißt, Sie haben Ihren Umzug nach Berlin noch gar nicht geplant?
Das stimmt. Gestern saß ich den halben Abend ungläubig vor dem Ergebnis. Ich habe aber nicht vor, komplett nach Berlin zu gehen, sondern auch in Bayern und München weiter präsent zu sein. Ich bin ja auch im geschäftsführenden bayerischen Landesvorstand der Linken – ob sich das mit dem Bundestagsmandat vereinbaren lässt, muss man sehen. Vielleicht werde ich mir in Berlin in einer WG bei ehemaligen Schulfreunden ein Zimmer suchen und dort die Sitzungswochen verbringen.
Was wollen Sie im Bundestag für München erreichen?
Die Frage ist, in welchem Ausschuss ich mich einbringen kann. Besonders gerne würde ich mich im Bereich Innenpolitik engagieren. Die CSU ist ja ein Vorreiter im Bereich des Grundrechte-Abbaus. Und ich finde es wichtig, in Berlin darauf hinzuweisen und entgegenzuwirken.
Welches Thema liegt Ihnen besonders am Herzen?
Vor allem auch das Thema Bildung und die Abschaffung der Studiengebühren. Ich bin schließlich selbst noch nicht so lange aus der Uni raus.
Die Linke gehört zu den großem Gewinnern der Wahl. Dafür ist die SPD im Sturzflug.
Der Prozess ist ja schon länger sichtbar. Die SPD kann einfach nicht mehr glaubwürdig für soziale Gerechtigkeit eintreten, weil sie selber soziale Schweinereien mit zu verantworten hat. Ich hoffe, dass linke Kräfte in der SPD jetzt mehr Auftrieb kriegen. Sonst ist auch der weitere Sturzflug nicht aufzuhalten.
Interview: lj
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