Viel Kritik für Beschlüsse der EU zur Flüchtlingshilfe

Die EU-Staaten haben mit ihren Beschlüssen zur Flüchtlingspolitik auf dem Sondergipfel in Brüssel Enttäuschung und Kritik ausgelöst.
von  dpa

Brüssel - Die angekündigte Verdreifachung der Kapazitäten für die Seenotrettung im Mittelmeer reiche bei weitem nicht aus, um künftige Katastrophen zu verhindern, hieß es fast einhellig. Die Finanzmittel für die Missionen "Triton" und "Poseidon" sollen auf neun Millionen Euro pro Monat ausgeweitet werden. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel bot auch die Entsendung zweier deutscher Marineschiffe an.

Der Sondergipfel war nach dem Flüchtlingsunglück im Mittelmeer von Sonntag mit etwa 800 Toten zusammengekommen. Die Kritik entzündet sich vor allem daran, dass das Einsatzgebiet der Grenzschutzmission "Triton" vor der italienischen Küste nicht ausgeweitet wird.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die Gipfelbeschlüsse vom Donnerstag "eine Operation, die das Gesicht wahrt, aber keine Menschenleben rettet". Der Gipfel habe selbst die niedrigsten Erwartungen unterboten, betonten die Sozialdemokraten im Europaparlament. Als "Gipfel der Schande" kritisierte die Organisation Pro Asyl die Entscheidungen.

Kritiker weisen darauf hin, dass nur eine Ausweitung des Einsatzgebietes für die Missionen echte Fortschritte bringen könne. Viele Flüchtlingsschiffe geraten bereits unweit der libyschen Küste in Seenot. Dort abgesetzte Notrufe sind in der Regel nicht im Einsatzgebiet der aktuellen "Triton"-Mission zu empfangen. Allein in Libyen wird die Zahl der Migranten, die nach Europa gelangen wollen, auf 500 000 bis eine Million geschätzt.

Die Vize-Chefin des Menschenrechtsausschusses im Europaparlament, Barbara Lochbihler (Grüne), nannte die Gipfelbeschlüsse "erbärmlich, fahrlässig und falsch". Die EU habe nach wie vor keine permanente Seenotrettung, keine sicheren Zugangswege und keine Verteilung von Flüchtlingen. Die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, bezeichnete die Beschlüsse am Freitag als "Desaster". "Wir sind nicht zu mehr in der Lage, als weiter auf Abschottung zu setzen", sagte sie im Bayerischen Rundfunk.

Deutschland will nach den Worten Merkels zwei Schiffe der deutschen Marine ins Mittelmeer schicken. Wenn nötig, werde auch mehr getan, sagte sie nach dem Treffen: "Wenn es noch mehr sein muss, dann muss es mehr sein. Dann wird es am Geld nicht scheitern." Merkel sprach sich auch für eine Änderung der Dublin-Regeln zur Verteilung der Flüchtlinge aus. Dies ist aber unter den Mitgliedsländern umstritten.

Neben dem Ausbau der Kapazitäten für die Seenotrettung ging es beim Sondertreffen auch um den Kampf gegen Schleuserbanden. Nach den Worten von Ratspräsident Donald Tusk sollen Militäreinsätze geprüft werden, um von Schleusern zum Flüchtlingstransport genutzte Schiffe zu zerstören. Experten halten dafür aber einen offiziellen Auftrag der Vereinten Nationen (UN) für nötig.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.