Verfassungsschutz: Friedrich gegen Länder und FDP
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CDU) stößt mit seinen Plänen zur Reform des Verfassungsschutzes auf heftigen Widerstand der Bundesländer und des Koalitionspartners FDP.
Berlin - Unmittelbar vor einem Sondertreffen der Innenminister aus Bund und Ländern in Berlin konzentrierte sich die Kritik vor allem darauf, dass Friedrich dem Bundesamt für Verfassungsschutz mehr Kompetenzen geben will.
Dazu sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Bund und Länder sollten die Kraft zu einem beherzten Umbau der Sicherheitsarchitektur haben und sich nicht im Klein-Klein verheddern." Dazu gehöre die Fusion von Verfassungsschutzämtern der Länder, sagte die Ministerin der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag). Eine Zusammenlegung der 16 Landesämter lehnt Friedrich aber ebenso ab wie die Länder selbst. Auch die SPD hat sich dagegen ausgesprochen.
Als Konsequenz aus den Fehlern bei den Ermittlungen zur Neonazi-Terrorzelle NSU plant Friedrich, die Zuständigkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz auszuweiten. Die Landesämter sollen zur Weitergabe aller Informationen verpflichtet werden. In Einzelfällen müsse der Bund die Koordinierung an sich ziehen können.
Die Kritik der Länder richtet sich vor allem gegen den Vorschlag, den Einsatz gegen gewaltbereite Extremisten künftig dem Bund vorzubehalten. Die Länder sollten sich um nicht-verbotene Extremisten wie die NPD kümmern. Dies sei nicht zielführend, kritisieren die Länder in einem gemeinsamen Papier. "Wir wollen die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz stärken, ohne dadurch originäre Länderkompetenzen einzuschränken", heißt es darin weiter. Ebenso wie Friedrich fordern aber auch die Länder eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte vor dem Treffen der Innenminister in Berlin: "Die Reform des Verfassungsschutzes darf nicht daran scheitern, dass jetzt ein kleinlicher Streit um Zuständigkeiten entbrennt." Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte im WDR: "Eine zentralistische Mega-Behörde in Berlin, die bis in die tiefsten Winkel Schleswig-Holsteins oder Bayerns arbeitet, halte ich für intransparent und kaum steuerbar."
Friedrich trat den Bedenken der Länder entgegen: "Es muss niemand Angst haben, entmachtet zu werden", sagte er im Deutschlandfunk. Es gehe vor allem darum, den Informationsfluss zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesämtern sicherzustellen und zu verbessern. Die Allzuständigkeit der Landesämter bei der Datenerhebung bleibe erhalten, versicherte Friedrich.
Nach Ansicht von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) sollen die Länder zwar weiterhin einen eigenen Verfassungsschutz behalten, aber nicht unbedingt als eigenständige Behörde. Der "Berliner Zeitung" (Dienstag) sagte Woidke, der Verfassungsschutz könne - wie in Brandenburg - als Abteilung im Innenministerium angesiedelt werden. Die größten Probleme bei den Ermittlungen zur Neonazi-Terrorzelle NSU habe es da gegeben, wo eigenständige Behörden existierten. "Vielleicht ist das kein Zufall", meinte der Minister.
Die Linke im Bundestag lehnt Friedrichs Pläne grundsätzlich ab. Der Innenminister trete bei der Reform die Flucht nach vorne an und laufe Gefahr, wesentliche Verfassungsgrundsätze über den Haufen zu rennen, sagte die innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke.