Verfassungsrichter überprüfen Erbschaftssteuer

Das Bundesverfassungsgericht überprüft ab heute, ob die Erbschaftsteuer verfassungswidrig ist. Die Richter wollen klären, ob die Erben von Betriebsvermögen zu Unrecht große Vorteile genießen und die Erben von Privatvermögen dadurch grundgesetzwidrig benachteiligt werden.
dpa |
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Karlsruhe - Den Richtern liegt eine Vorlage des Bundesfinanzhofes vor, der das seit 2009 geltende Erbschaftssteuerrecht für einen Verstoß gegen Verfassungsrecht hält. Die angegriffenen Regeln sehen Privilegien, Freibeträge und unterschiedliche Steuersätze vor. Von diesen profitieren Firmen, land- und forstwirtschaftliche Unternehmen sowie Kapitalgesellschaften. Das führt nach Ansicht der Finanzrichter dazu, dass nur wenige von großen Steuervorteilen profitieren. Das Urteil wird im Herbst erwartet.

Die Verfassungsrichter wollen sich in ihrer mündlichen Verhandlung mit der Bedeutung der Vorschriften für die Wirtschaft befassen und mögliche Änderungen ausloten.

Die deutschen Familienunternehmen warnen bereits vor einem Wegfall der Begünstigungen für Firmenerben. "Für die Verschonung von der Erbschaftsteuer sichern Unternehmen im Gegenzug Ausbildungs- und Arbeitsplätze", sagte der Präsident des Verbands "Die Familienunternehmer", Lutz Goebel, der Nachrichtenagentur dpa.

Vor der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe betonte er: "Das ist kein Steuerschlupfloch, sondern für viele Unternehmensnachfolger die einzige Möglichkeit, um die existenzbedrohenden Nebenwirkungen im Erbfall abzumildern und den Betrieb zusammenzuhalten." Der Gesetzgeber habe Trittbrettfahrern und Erben, die sich nur als Unternehmer tarnen, bereits das Handwerk gelegt.

Zuvor hatte schon der Industrieverband BDI vor einem Ausverkauf von Familienunternehmen gewarnt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sieht laut Zeitung "Die Welt" pro Jahr rund 500 000 Arbeitsplätze gefährdet.

Die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe sagte der dpa mit Blick auf die geltenden Privilegien: "Die Politik muss generell schauen, ob die gewünschten Ziele damit erreicht wurden." In jedem Fall sei es aber fraglich, wenn große Unternehmensvermögen praktisch steuerfrei bleiben, während andere Vermögenswerte besteuert werden: "Für den Schutz von Arbeitsplätzen kann man stattdessen über einen Ausbau von Stundungsregelungen nachdenken", sagte Kiziltepe. Deutschlands Familienunternehmen hätten dank der Verschonungsregeln zwischen 2009 und 2012 rund 19 Milliarden Euro Erbschaftsteuer gespart.

"Sollte das Gericht an den bestehenden Regelungen Änderungsbedarf haben, hoffe ich, dass dem Bundestag für eine Reform ausreichend Zeit gelassen wird", sagte die SPD-Abgeordnete. Die Nachbesserungszeit müsse so angelegt werde, dass bei einem Überschreiten nicht die gesamte Erbschaftsteuer außer Kraft trete.

Am problematischsten wäre laut Kiziltepe eine sofortige oder rückwirkende Aussetzung der Erbschaftsteuer: "In diesem Fall hätten die Länder Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe zu verkraften - mit all den negativen Folgen für Investitionen in Bildung und Infrastruktur."

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