Verfasser unklar: Ein ungewöhnlicher Antwortbrief der CSU

Der „Spiegel“-Korrespondent Hasnain Kazim schreibt der CSU, weil er mit deren Forderung, Migranten aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis Vorrang zu geben, nicht einverstanden ist. Die CSU antwortet ihm darauf – mit einem ungewöhnlichen Brief.
von  AZ
"Deine CSU" - Mit einem außergewöhnlichen Antwortschreiben auf einen offenen Brief eines Journalisten lässt die CSU aufhorchen.
"Deine CSU" - Mit einem außergewöhnlichen Antwortschreiben auf einen offenen Brief eines Journalisten lässt die CSU aufhorchen. © dpa

Der „Spiegel“-Korrespondent Hasnain Kazim schreibt der CSU, weil er mit deren Forderung, Migranten aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis Vorrang zu geben, nicht einverstanden ist. Die CSU antwortet ihm darauf – mit einem ungewöhnlichen Brief.

„Liebe CSU, moin nach Bayern!“ – mit diesen Worten beginnt der Hasnain Kazim einen offenen Brief, den er vor einigen Tagen an die Adresse der CSU geschickt hat. Der junge „Spiegel“-Korrespondent, der Sohn pakistanischer Einwanderer ist, hat sich geärgert über eine Forderung der CSU. Nämlich die, dass Zuwanderern aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis Vorrang gegeben werden soll.

Kazim bekommt auf diesen Brief tatsächlich eine Antwort aus Bayern – und zwar eine etwas ungewöhnliche. Sie kommt nicht von einem Politiker, nicht von einem Ministerium, nicht von einer Pressestelle. Der Brief ist unterschrieben mit „deine CSU“. Wer das zweifellos kluge Schreiben verfasst hat, ist nicht bekannt. Die CSU schweigt dazu. Es wird vermutet, dass es wohl der Leiter der CSU-Pressestelle ist, Jürgen Fischer – ein Vertrauter von Horst Seehofer.

Die Antwort in Auszügen:

Lieber Hasnain Kazim, du hast auf SPIEGEL ONLINE einen Artikel über mich geschrieben. Es interessiert dich bestimmt, was ich über diesen Artikel denke.

Zuerst mal finde ich: Du hast dir echt Mühe gegeben, dass man nicht merken soll, wie sehr du dich über mich ärgerst. Dass du mich deine „liebe CSU“ nennst, bin ich von dem Nachrichtenmagazin, für das du schreibst, nun wirklich nicht gewohnt. Aber wenn man deinen Text genauer liest, merkt man halt doch, dass du ihn mit ziemlich viel Ärger im Bauch geschrieben hast.

Du hast dich geärgert über meinen Satz „Vorrang für Zuwanderer aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis.“ Du findest, dass in diesem Satz eine hässliche Portion Rassismus steckt. Nun weißt du ja selber, dass ich „Kulturkreis“ geschrieben habe und nicht Rasse. Und du weißt natürlich auch, dass Kulturkreis eine andere Sache ist als Rasse. Leider schreibst du nicht, was Kulturkreis mit Rassismus deiner Meinung nach zu tun hat. Warum also derjenige, der über Kulturkreise redet, ein Rassist sein soll. Eigentlich geht es dir ja auch nur darum, mich mit dem Wort Rassismus zu bedenken.

Schrieb den Brief an die CSU: Der junge „Spiegel“-Korrespondent Hasnain Kazim.

Ich finde das schade, dass du gleich zu Anfang deines Textes zu diesem Totschlagargument greifst. Ich hätte es besser gefunden, wenn du stattdessen eine intellektuelle Diskussion versucht hättest.

Zum Beispiel darüber, warum sich bei uns bestimmte Kulturkreise schwerer integrieren lassen als andere. Warum zum Beispiel aus dem islamischen Kulturkreis die meisten Abbrecher von Integrationskursen kommen. Oder die meisten Parallelgesellschaften. Gerade mit deinem kulturellen Hintergrund hätten mich deine Erfahrungen dazu sehr interessiert. Du weißt zum Beispiel bestimmt, wie im islamischen Kulturkreis oder im chinesischen Kulturkreis über den westlichen Kulturkreis geredet wird. Nämlich was für große Unterschiede und Unvereinbarkeiten es da gibt. Und ich weiß nicht, ob du das als Rassismus bezeichnen würdest.

Noch etwas, woran du vielleicht nicht gedacht hast: Wir haben schon einen Vorrang für Zuwanderer aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis, nämlich mit der Freizügigkeit innerhalb der EU. Das finden alle ganz normal, und da regt sich auch keiner drüber auf. (...) In dem Nachrichtenmagazin, für das du schreibst, wird ja in der Flüchtlingsdebatte immer wieder intellektuelle Redlichkeit eingefordert. Völlig zu Recht. Aber dazu passt es halt schlecht, wenn man andere, über die man sich gerade ärgert, als Rassisten verunglimpft. Oder die Wählerschaft als dumpf beleidigt. (...)

Ich glaube nicht, dass dir dafür der Scharfblick fehlt, immerhin schreibst du ja für ein großes deutsches Nachrichtenmagazin. Aber vielleicht hast du da einfach ein bisschen Angst vor der Wahrheit.

Ich habe gestern im Leitartikel der FAZ gelesen: Deutschland muss Deutschland bleiben. Daran schloss sich der Gedanke, dass jedes Land die Kontrolle über die Zusammensetzung seiner Bevölkerung beanspruchen sollte. Ich finde das einen interessanten Gedanken. Über den könnte man sich mal austauschen. Argumentativ meine ich, ohne Totschlagargumente. Was meinst du?

Ein herzliches Servus aus Bayern nach Wien.

Deine CSU

"Mehr davon! Encore!! - Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Antwortbrief der CSU

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