Verfahren gegen Wulff: Mitleid in Grenzen

AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Entwicklung im Fall Christian Wulff.
von  Anja Timmermann

Nun steht das Ermittlungsverfahren gegen Christian Wulff also kurz vor der Einstellung. War an den Vorwürfen also gar nichts dran? Ist er ohne Not zurückgetreten, als die Justiz in aufgeheizter Atmosphäre das Verfahren eröffnet hat? Nein, so einfach ist es nicht. Der Rücktritt bleibt richtig.

Die Staatsanwälte wollen das Verfahren ja nicht deswegen einstellen, weil die Vorwürfe nicht haltbar wären, sondern weil an strafrechtlich relevanten Vorwürfen so wenig – nach unterschiedlichen Berichten 400 oder 800 Euro – übrigblieb, dass es nicht zu einem Prozess kommen muss, sondern eine Geldbuße denkbar wäre.

Erstens: Jeder normale Beamte ist auch bei einer Vorteilsannahme von 400 oder 800 Euro dran. Wie wirkt dann ein Staatsoberhaupt, dem man das durchgehen lässt?

Zweitens heißt das Zauberwort „strafrechtlich relevante Vorwürfe“. Vielleicht gibt es für die juristische Beweiskette nicht genug direkte Belege, dass Wulff für seine Gönner sofort aktiv wurde. Moralisch und politisch aber wäre ein Schnorrer-Präsident verheerend, das gilt nach wie vor.

Er hat immer argumentiert, das seien ja alles seine Freunde gewesen, die ihn eingeladen hätten. Ob er sie wirklich dafür gehalten hat, weiß nur er. Dass sie es nicht waren, sondern auf sein Amt geschielt haben, sieht man spätestens daran, dass sie jetzt weg sind.

Sein Fall hat sicher menschliche Tragik – das Amt ist weg, die Frau jetzt auch. Aber er hätte private Ausgaben auch einfach privat zahlen können. 

 

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