Verbal-Attacke: Ramsauer über den "OB-Hintern"
Andechs/Münche - Im Streit über den Bau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München zeigen sich sowohl Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) als auch Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) doch noch gesprächsbereit. Allerdings bekräftigten beide Seiten am Wochenende ihre Positionen, die bislang einen Kompromiss verhindert haben.
Seehofer bot Ude am Samstag an, „unter vier Augen“ über eine mögliche Lösung im Finanzierungsstreit zu sprechen, um „wirklich alles auszuloten“. Er signalisierte zugleich, dass er weiter auf eine Beteiligung der Stadt München an den Kosten pocht.
Ude reagierte mit „sehr ausgeprägter Skepsis“ auf den Vorstoß Seehofers. Der Oberbürgermeister sagte am Sonntag der Nachrichtenagentur dapd, er stehe zwar „jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung“. Offensichtlich gehe es der CSU aber nur darum, von der „Alleinverantwortung von Bund und Land“ für die Finanzierung einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke abzulenken.
Ude forderte, zunächst müsse nun präzise seine Frage beantwortet werden, ob von der Stadt wirklich nur eine Beteiligung an der Vorfinanzierung gewünscht werde. Erst dann könnten sich die zuständigen Gremien des Stadtrats mit dieser Frage befassen.
Bislang sei weder von der Staatsregierung noch vom Bund versichert worden, dass der geforderte Betrag in Höhe von 350 Millionen Euro an die Landeshauptstadt zurückgezahlt werde. Geklärt werden müsse auch, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Konditionen dies geschehen solle.
Seehofer dringt auf rasche Verbesserung der Lage
Seehofer bekräftigte nach der Klausur des CSU-Vorstands im Kloster Andechs, er wolle nun rasche Schritte für eine Verbesserung der Verkehrssituation für Pendler in der Region München. Am Dienstag will er auch mit CSU-Politikern aus Oberbayern sprechen, die vor einem Scheitern der zweiten Stammstrecke gewarnt hatten.
Unabhängig von einer Beteiligung Münchens hält es Seehofer für möglich, dass mittelfristig ein „neuer Handlungsspielraum“ bei dem Thema entstehen könnte. Dies sei dann der Fall, wenn das Bundesverkehrsministerium – wie von der CSU gefordert – finanziell stärker ausgestattet werde. Aber darauf könne nicht gewartet werden.
Ramsauer attackiert Ude
Heftige Attacken auf Ude kamen von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Mit der Weigerung, sich an der Vorfinanzierung der zweiten Stammstrecke zu beteiligen, habe der SPD-Politiker „selbst den Weg für dieses Projekt verbaut“.
Das Argument des Oberbürgermeisters, dass die Stadt nicht für die S-Bahn zuständig sei, ließ Ramsauer nicht gelten. Er sagte am Rande der Klausur: „Wenn von Investitionssummen her manche Dinge schlicht und einfach nicht ausgehen, dann kann man sich nicht mit seinem OB-Hintern irgendwo in eine gesetzliche Nische festfressen, sondern dann muss man auch einmal ein Stück darüber hinausgehen.“
SPD wirft Ramsauer „Tunnelblick“ vor
Bayerns SPD-Chef Florian Pronold entgegnete: „Ramsauer hat offenbar schon einen Therapie bedürftigen Tunnelblick.“ Ude äußerte den Verdacht, dass ein „Anschlag auf die Münchner Stadtkasse“ geplant sei. Er sagte: „Ich kenne das Thema seitens der Bundesregierung nur als Beschimpfung der Stadt München. Es verwundert schon sehr, dass man, bevor man mit dem Bettelstab an die Stadtpforte klopft, erst einmal unter Absingen schmutziger Lieder einige Fenster einwirft.“
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sprang Ude mit dem Satz bei: „Das Scheitern der zweiten S-Bahn-Stammstrecke ist vor allem eine Blamage für Schwarz-Gelb, die dieses Projekt immer vollmundig ankündigten – und jetzt kein Geld dafür haben.“ Er riet dazu, „mit einer Vielzahl an kleineren, aber bezahlbaren Maßnahmen das Münchner S-Bahn-Netz zu ertüchtigen, anstatt noch länger einem Phantom hinterher zu jagen“.