USA schreiben an Berlin: Bundeswehr für Südafghanistan?

Verteidigungsminister Jung hat einen Brief von seinem US-Pendant Gates erhalten. Das bestätigt das Ministerium, ohne sich zum Inhalt zu äußern. Laut «SZ» fordert Gates Soldaten für das viel kriegerische Südafghanistan.
Die US-Regierung hat Deutschland aufgefordert, sich massiv an Kampfeinsätzen im besonders gefährlichen Süden Afghanistans zu beteiligen. In einem Brief an seinen deutschen Kollegen verlange US-Verteidigungsminister Robert Gates eine Verstärkung des Nato-Kontingents um 3200 Soldaten, meldeten die «Süddeutsche Zeitung» («SZ») und «Spiegel Online». Daran solle sich auch Deutschland beteiligen.
Der Sprecher von Verteidigungsminister Franz Josef bestätigte den Eingang des Briefs. Laut der Zeitung war das Schreiben ungewöhnlich scharf formuliert. «Spiegel Online» zitiert Kreise des Bundesverteidigungsministerium, die den Brief eine «Unverschämtheit» nannten. Ähnliche Schriftstücke vergleichbaren Inhalts seien auch an andere Nato-Partner gegangen.
Bundestagsmandat legt Grenze bei 3500 Soldaten fest
Auf dem anstehenden informellen Treffen der Verteidigungsminister der Allianz in Vilnius würden neben weiteren wichtigen Feldern auch die laufenden Operationen und das Nato-Engagement in Afghanistan auf der Agenda stehen. Der Druck der USA dürfte die Debatte über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch neuerlich entfachen, schrieb die Zeitung. Schließlich begrenze das vom Bundestag erteilte Afghanistan-Mandat den Einsatz auf 3500 Soldaten und regional auf den Norden des Landes. Gegenwärtig sind dort laut Bundeswehr bereits 3200 Soldaten im Einsatz.
Gates bittet laut «SZ» um neues Mandat
Gates bittet laut Bericht seinen deutschen Kollegen, ein neues Mandat in Erwägung zu ziehen, das es ermöglicht, zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden. Im Einzelnen verlangt Gates dem Bericht zufolge die Bereitstellung von Hubschrauber-Einheiten und Kampftruppen, wie etwa Fallschirmjägern. Die Deutschen sollen demnach im Herbst 3200 US-Soldaten ablösen. Die US-Regierung habe kürzlich ihr Kontingent um genau diese Größe verstärkt, um besser gegen eine Frühjahrsoffensive der Taliban im Süden Afghanistans gewappnet zu sein. Die USA wollen diese zusätzlichen Truppen offenbar aber schon in sechs Monaten wieder abziehen, schrieb die Zeitung.
US-Verteidigungsminister beklagt Spaltung der Nato
In dem Brief erkenne Gates die deutsche Leistung im Norden Afghanistans an, beklage dann aber schnell die Spaltung der Nato in Nationen, die Kampfeinsätze bestreiten, und Länder, die sich nicht an der militärischen Bekämpfung der Taliban und Al Qaeda-Kämpfer beteiligen. Gates spricht demnach von einer drohenden Spaltung der Allianz und warnt vor einem Verlust an Glaubwürdigkeit. Er beschwöre auch die Bündnissolidarität und beschreibe die Überbelastung der US-Streitkräfte. Der Brief von Gates stammt laut Bericht aus der vergangenen Woche. Er sei anderthalb Seiten lang und nicht datiert. Das direkt an Jung adressierte Schreiben sei in förmlichem und bestimmtem Ton verfasst. Offenbar sei der Brief an alle Nato-Staaten gerichtet, um das Treffen der Verteidigungsminister in Vilnius vorzubereiten. Der Afghanistan-Einsatz wird auch den Nato-Gipfel im April in Bukarest beherrschen. (nz)