US-Senatoren boykottieren Dinner bei Seehofer

München - Am Ende des Tages sucht Horst Seehofer die Nähe zur Kirche. Im Stehen plaudert er noch ein Viertelstündchen mit Kardinal Reinhard Marx und dem evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dann verlässt er den Kaisersaal der Residenz rückseitig treppab. Im Hof wartet die Limousine. Es regnet. Das Dinner eben, zu dem Seehofer gebeten hat, ist nicht ganz so verlaufen wie geplant. Am Sicherheitskonferenz-Samstag lädt der Ministerpräsident traditionell zum gesetzten Essen. Für Ausgelassenheit ist zwischen Kräuter-Pilz-Salat und Kronleuchtern, Frankenwein und Festreden ohnehin wenig Platz.
Steinmeier geht schon vor dem Hauptgang
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), an der festlichen Tafel deutlich auf Sicherheitsabstand zum CSU-Chef platziert, geht allerdings noch vor dem Hauptgang. Andere sind gar nicht erst gekommen.
Fast geschlossen bleiben die eingeladenen US-Senatoren Seehofers Fest fern – aus Protest gegen dessen Russland-Reise Anfang Februar. Sein Tête-à-Tête mit Wladimir Putin sei das völlig falsche Signal gewesen, heißt es. Wenige Stunden vor dem Dinner hat Seehofer auch noch Russlands Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew getroffen und beim Händedruck freudig in die Kameras gegrinst. Wieder so ein Alleingang.
Falls der diplomatische Affront der Amerikaner ihm etwas ausmacht, lässt es sich Seehofer nicht anmerken. Dass Medwedew in München gerade den Kalten Krieg ausgerufen hat, registriert er als „zutreffend“. Umso wichtiger sei es ja, mit den Russen zu reden, findet er. Und gefällt sich erkennbar in der Rolle als Außenministerpräsident.
Er habe für seinen Moskau-Trip nicht nur „viel Zuspruch von den Menschen in Bayern“ erfahren, erzählt Seehofer, sondern natürlich hinterher alles, was Putin ihm so erzählt habe, mit dem Kenntnisstand der Bundesregierung abgeglichen, um nicht auf russische Propaganda hereinzufallen: „Wir sind ja nicht irre!“ Unbeirrbar, wie Seehofer ist, plant er gleich seine nächste heikle Auslandsreise. Die hingegen dürfte eher die Russen als die Amerikaner ärgern.
Noch in diesem Jahr will Seehofer in die Ukraine reisen
Seehofer hat mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko vereinbart, ihn noch in diesem Jahr zu besuchen. Die Ukraine ist de facto Russlands Kriegsgegner. „Poroschenko wusste sogar, dass ich Ehrendoktor der Universität Kiew bin“, vermeldet Seehofer stolz. Und er habe ihm mit einem Augenzwinkern gesagt, er könne gern eine bayerische Wirtschaftsdelegation mitbringen. Seehofer, der Solo-Diplomat, will zeigen, dass er’s mit jedem kann. Bloß zeigt dieser Abend in der Residenz auch, dass nicht mehr jeder mit Seehofer kann – oder mag.
Kardinal Marx wird ihm beim Nachhauseweg sicher nicht die Beichte abgenommen haben: Nach eigenem Empfinden macht Seehofer ja nichts falsch, sondern alles richtig. Aber Beistand, und sei es: göttlichen, kann er auf seinen heiklen Missionen sicher brauchen.