Untersuchungsausschuss: Grüß Gott, Herr Naser!

MÜNCHEN - Er kommt, er ist wieder weg, nun kommt er wieder: Nach dem Eklat hat es sich der frühere Chef des Verwaltungsrats der BayernLB wohl überlegt: Er sagt aus – und über sich nur das Beste.
MÜNCHEN Es ist der Aufmarsch der Eitlen: Tilo Berlin (52), groß, smart,von sich selbst eingenommen, ein Schwiegersohn-Typ, der Bayerns arrogante Staatsbanker und ihre Kontrolleure beim Kauf der österreichischen Pleitebank Hypo Group Alpe Adria über den Tisch gezogen hat, kommt pünktlich und verweigert die Aussage. Siegfried Naser, klein, überheblich, einer, der alle Vorurteile über Banker vereint, will jetzt reden, nachdem ihm die Parlamentarier vor zwei Tagen mit sechs Monaten Beugehaft gedroht haben.
Er muss bei seinem zweiten Auftritt erstmal eine Stunde warten.Vor zwei Tagen hatte er noch herablassend und stur geschwiegen, weil es nicht nach seinem Kopf gegangen war. Ein Hotelzimmer für 179 Euro hätte der Steuerzahler dem Ex-Banker zahlen sollen, der 600 000 Euro Jahresgehalt hatte und nach dem Milliarden-Desaster der BayernLB auch noch 1,5 Millionen Euro bekam.
Keine Gedanken hat sich Tilo Berlin über die Finanzierung seines Hotelzimmers gemacht. In einem Zwei-Sterne-Hotel wäre der österreichische Vermögensverwalter eh nie abgestiegen. Mit seinen prominenten Investoren, zu denen auch Österreichs Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zählte, verdiente er bei dem Bankendeal in wenigen Monaten 150 Millionen Euro. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Beihilfe zur Untreue. Berlin kommt in Begleitung seiner Anwältin Marion Westpfahl. Die hat beste Kontakte zur Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft. Viele Jahre war sie dort selbst eine gefürchtete Ermittlerin – bevor sie die Seiten wechselte.
Naser kommt diesmal alleine und gibt sich betont jovial. „Grüß Gott, Herr Naser, schön, Sie so schnell wieder zu sehen“, begrüßte ihn Ausschuss-Vize Harald Güller (SPD). Naser, der Oberfranke, der seine Bank-Karriere als CSU-Landrat von Kitzingen begann, antwortet auf Englisch: „The pleasure is on my side.“ Was übersetzt heißt: Das Vergnügen ist auf meiner Seite.
Schnell will es Naser hinter sich bringen. Sein schon lange vorbereitetes 40-Seiten-Skript leiert er in 90 Minuten herunter – ohne aufzusehen. Zum Vergleich: Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser hatte vor zwei Tagen bei seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss 130 Minuten für 38 Seiten gebraucht.
Naser gibt einen Abriss über die Bankenlandschaft im allgemeinen und im besonderen. Erst nach einer halben Stunde kommt er zum Kern. Dass Tilo Berlin mit seinen privaten Investoren bei der HGAA eingestiegen sei, sei für ihn ein „positives Zeichen“ gewesen. Von Anfang an habe er den Kauf als „strategisch sehr interessant“ gefunden. „Es gab für den Verwaltungsrat keine Anhaltspunkte, dass irgendetwas nicht erkannt wurde“, rattert der Ex-Sparkassenpräsident herunter. „Ich hatte keine Erkenntnisse, die dem Kauf entgegengestanden haben.“
Von Unterlagen, dass Berater größere Risiken sahen, habe er erst bei der Staatsanwaltschaft erfahren. „Ein Verwaltungsrat ist nicht in der Lage zu prüfen, ob die Vorlagen richtig sind, die ihm der Bankvorstand vorlegt“, schiebt er alle Schuld auf die Bankmanager. „Ich muss auf sie vertrauen.“ Der Verwaltungsrat hätte sonst ja „weltweit reisen müssen“, um alles selber zu prüfen.
Dabei war Naser als Chef-Kontrolleur gerne weltweit für die BayernLB unterwegs, wenn es ums Vergnügen ging. Ausschussvize Harald Güller: „Es ist fast anrührend, wie aus einem Strippenzieher hier ein Unschuldslamm wird, das falsch informiert war.“ Sepp Dürr (Grüne) lästert: „Das ist jetzt seine neue Masche sich aus der Verantwortung zu stehlen, nachdem es mit dem Schweigen nicht funktioniert hat.“Angela Böhm